piwik no script img

Kostenloser Nahverkehr für SchülerGratis-Schülerticket stiftet Probleme

Neuköllner LehrerInnen warnen, dass das Antragsprozedere für das kostenlose Schülerticket viele überfordere. Der VBB sieht keinen Handlungsbedarf.

Alles schwer: Der Ranzen, die Straße überqueren, das Schülerticket beantragen Foto: dpa

Am 1. August kommt das kostenlose Schülerticket – doch nun regt sich Protest an dem Online-Antragsprozedere für das „fahrCard“ getaufte Gratis-Ticket. Das Schülerticket werde „gerade denen, die es dringend brauchen, zum großen Teil nicht zugute kommen“, warnt das Kollegium der Karlsgarten-Grundschule in Neukölln in einem Brief an die Senatsbildungsverwaltung und die Berliner Verkehrsbetriebe. Denn: „Viele Kinder und auch deren Eltern aus unserer Schule verfügen über geringe Deutschkenntnisse, sind unter Umständen nicht internetaffin und besitzen keine E-Mail-Adresse.“

Mit der fahrCard können alle SchülerInnen ab dem 1. August Busse und Bahnen im Tarifbereich AB kostenlos nutzen. Die Idee: Mobilität erhöht die Chancengerechtigkeit. Der Weg zur Nachhilfe oder zum Sportverein soll nicht am Busticket scheitern. Seit August 2018 fahren bereits alle Kinder kostenlos, die einen Berlin-Pass haben. Mit Hologramm-Sticker vom Jobcenter wird der zur Fahrkarte.

Doch das gilt nun nicht mehr, und das wird Verwirrung stiften, befürchten die Lehrkräfte der Karlsgartenschule. Zumal man das Ticket nur online beantragen kann – und es auf den Websites vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und der BVG Hilfestellung nur auf Deutsch oder Englisch, aber nicht auf Arabisch oder Türkisch gibt.

Beim VBB kann man die Warnung der LehrerInnen „nicht nachvollziehen“: Der Aufwand sei „sehr überschaubar“, findet eine Sprecherin, es müsse immerhin nur ein Passbild und der Schülerausweis hochgeladen werden.

Für die Eltern vieler Kinder in seiner Klasse schon eine zu hohe Hürde, sagt Christian Geißler, Lehrer an der Karlsgartenschule. Er werde den Antrag mit den Eltern gemeinsam ausfüllen, „in meiner Freizeit“ – sonst könne er demnächst keine Klassenausflüge mehr planen. Denn die fahrCard ersetzt auch das bisherige Klassenticket, das LehrerInnen beantragen konnten.

Der Vorschlag des Karlsgarten-Kollegiums: Man könne doch die Schulsekretariate autorisieren, die Schülerausweise mit einem VBB-Hologramm zur Fahrkarte upzugraden. Zu anfällig für Fälschungen, sagt die VBB-Sprecherin. Das sei „dem Kontrollpersonal nicht zuzumuten“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Das Semesterticket an der Uni beantragen ja auch nicht die Eltern. Unterstellt man deswegen den Eltern sie seien zu doof um den Antrag auszufüllen? Praktischerweise



    könnte man ja auf den Schülerausweis eine Jahresmarke der BVG printen und dies könnte die Schule organisieren wie es an der Uni ja auch funktioniert; oder irre ich?

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Nein, man nimmt an, dass die Deutschkenntnisse nicht ausreichend für das Verständnis des Antrages ist.