: Das Land der Teilzeitarbeit
NIEDERLANDE Um Familie und Beruf zu verbinden, verzichten die Frauen auf Karriere
VON GUNDA SCHWANTJE
ARNHEIM taz | Bereits 2009 haben die Niederlande als weltweit erstes Land eine Frauenquote von 30 Prozent in Unternehmensvorständen und Aufsichtsräten gesetzlich festgeschrieben. Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern sollen nach diesem Gesetz ab 2016 in ihren Führungsetagen eine Frauenquote von 30 Prozent haben.
Allerdings setzt der niederländische Staat auf Freiwilligkeit in den Unternehmen, denn die angestrebte Frauenquote ist nicht mit Sanktionen verbunden, so wie EU-Kommissarin Viviane Reding dies bei börsennotierten Unternehmen vorschlägt. Wird die angestrebte Quote an Top-Frauen in niederländischen Unternehmensvorständen und Aufsichtsräten nicht erreicht, müssen diese Unternehmen in ihrem alljährlichen Geschäftsbericht lediglich Rechenschaft darüber ablegen, aus welchem Grund sie weniger Frauen an der Spitze haben.
In niederländischen Unternehmen gibt es relativ wenig Frauen in Spitzenfunktionen. Ein Grund hierfür ist, dass Teilzeit arbeiten in den Niederlanden sehr beliebt ist. Rund 70 Prozent der niederländischen Frauen haben Teilzeitarbeitsplätze. Die meisten Mütter verknüpfen die Erziehung ihres Kindes oder ihrer Kinder mit einer Zwei- bis Dreitagewoche. Nur wenige Frauen scheiden nach der Geburt ganz aus dem Berufsleben aus. Im Durchschnitt hat die berufstätige niederländische Frauen eine Arbeitswoche von 25 Stunden. Durch die die guten Möglichkeiten, Teilzeit zu arbeiten, bleiben Niederländerinnen in der Arbeitswelt jedoch überwiegend auf den mittleren Ebenen hängen. Langsam fängt jedoch ein Umdenken statt. Junge Frauen wollen Karriere machen. Vonseiten der Regierung wird dieses neue Bewusstsein gefördert.
Der niederländische Arbeitgeberverband VNONCW hat sich gegen den Plan der EU-Kommissarin Viviane Reding ausgesprochen, in Aktiengesellschaften eine 40-Prozent-Quote für Topfrauen einzuführen. Der Verband plädiert dafür, die Unternehmen selbstständig ein Ziel formulieren und erklären zu lassen, wie die Betriebe an mehr Frauen in Spitzenpositionen kommen wollen.
Auf Freiwilligkeit statt auf Sanktionen wird unter anderem auch aus pragmatischen Gründen gesetzt, weil in bestimmten Sektoren, wie beispielsweise der Technik, traditionell wenig Frauen arbeiten. Topfrauen müssen organisch von unten nach oben nachwachsen, ist eine weit verbreitete Auffassung, statt dies zu diktieren.
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