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Auf der Suche nach der verlorenen Freiheit

ELEKTROHANDWERKER Das Londoner Trio Metamono hat sich per Manifest festgelegt, elektronische Musik ausschließlich mit analogen Geräten live zu spielen. Um die Imagination aus der Langeweile der digitalen Verfügbarkeit von Klang und Technologie zu befreien

Selbst gewählte Limitierung von Klang als Befreiung der kreativen Imagination

VON ROBERT MATTHIES

Manchmal qualmt es eben ein bisschen. Und auch sonst sind die Gerätschaften, mit denen Jono Podmore, Paul Conboy und Mark Hill zu Werke gehen, überaus anfällig. Radiowellen, Raumtemperatur und -Feuchtigkeit machen jeden Auftritt des Trios zu einer abenteuerlichen Reise durch Unwägbarkeiten. Wer weiß, wie mein Roland MC 202 wohl heute klingt? Und ob er überhaupt anspringt?

Als Metamono bespielen die Londoner nämlich ausschließlich analoge elektronische Instrumente und Klangbearbeitungsgeräte – alte Syntheziser und Ringmodulatoren, Pedaleffekte, ein Theremin, Sirenen oder Röhrenradios –, verzichten auf Mikrophone, Overdubs und auf digitale Sequenzer sowieso. Etliche der Instrumente hat Paul Conboy nach Diagrammen aus dem Internet selbst zusammengebastelt, der Rest ist von Freunden geliehen oder gebraucht gekauft und hat entsprechend schon einige Jahre auf dem Buckel. Nebst aller damit einhergehenden Eigenwilligkeiten: „Wenn ein Computer sich verhält, dann weil du ihm gesagt hast, er soll es tun. Wenn dein analoges Gerät beginnt, sich zu verhalten, tut es das manchmal einfach, weil es das tut.“

Dabei folgen Metamono nicht nur einer auf der Retrowelle reitenden Vorliebe für warme Klänge und Vintage-Ästhetik. Sondern haben sich ihren Gerätepark per Manifest aus kulturkritischen Erwägungen auferlegt. Denn dass jeder Klang in der global vernetzten digitalen Welt heute für alle Musiker überall verfügbar sei, sei alles andere als ein sozialer Fortschritt: Musik nämlich mache er zu einem nur noch unscharfen Schatten jener gesellschaftlichen Kraft, die sie einmal gewesen sei.

Weswegen sich das Trio statt auf die vermeintlich universelle Reduktion auf Nullen und Einsen lieber auf handfeste Selbstbeschränkung verlässt: Die selbst gewählte Limitierung der Verfügbarkeit von Klängen und Technologien als Befreiung der kreativen Imagination – und als Echo auf den Kampf, den die Gesellschaft nun einmal beständig zu ertragen habe.

Wovon sie sprechen, wissen die drei Briten dabei übrigens genau. Paul Conboy kann als Elektronik-Musiker auf etliche Film- und TV-Credits verweisen und war einst Mitglied in Tim Simenons Sampling-Pionier-Projekt Bomb the Bass. Jono Podmore hat an der Universität von Middlesex elektronische Musik studiert, als Komponist, Toningenieur und Arrangeur unter anderem mit The Shamen oder Jamiroquai zusammengearbeitet, kollaboriert mit Can-Keyboarder Irmin Schmidt, zeichnet in den letzten Jahren überdies verantwortlich für das Remastering alter Aufnahmen der legendären Kölner Psychedelik-Krautrocker und lehrt an der Hochschule für Musik und Tanz Köln Produktion. Nur Mark Hill ist eigentlich bildender Künstler und hat seinen Korg nach Eigenauskunft 25 Jahre lang kontemplativ angeschaut, bevor er das erste Mal einen Knopf darauf gedrückt hat.

Das Ergebnis der retrofuturistischen Klangbastelei, bislang folgerichtig nur auf Tonbandkassette und Vinyl käuflich zu erwerben, ist dabei übrigens mitnichten nur nostalgische Reminiszenz etwa an frühe Human League, sondern darf sich in puncto tanzbarer Komplexität durchaus auch mit zeitgenössischem IDM à la Warp messen. Hören kann man das Trio auf der Suche nach der verlorenen Freiheit heute Abend beim Jahresausklangsfestival der Hörbar.

■ Sa, 15. 9., 21 Uhr, B-Movie, Brigittenstraße 5

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