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heute in bremen„Die Repolitisierung relevanter Fragen“

Foto: Stephan Röhl/flickr

Winfried Thaa, 67, war Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Trier.

Interview Cornelius Runtsch

taz: Herr Thaa, wie hängen neoliberaler Kapitalismus und Rechtspopulismus zusammen?

Winfried Thaa: Da gibt es zum Einen den viel thematisierten Punkt der Enttäuschung sogenannter Modernisierungsverlierer, die rechtspopulistische Parteien wählen würden. Das halte ich prinzipiell für zutreffend, allerdings lege ich meinen Fokus auf die Veränderungen des Politischen als Reaktion auf den Neoliberalismus. Letzterer bedeutet nicht nur freie Regeln am Markt und Sozialstaatsabbau, sondern auch eine weitgehende Gleichschaltung der verteilungspolitischen Konfliktlinien. Beispielhaft sind Sozialreformen wie HartzIV, das ausgerechnet die sozialdemokratische SPD durchgesetzt hatte. In diesen Fragen ist der politische Konflikt geschwächt worden.

Wie sehen Sie den weiteren Verlauf dieser politischen Krise?

Ich würde lieber keine Zukunftsprognose machen. Mir geht es in der Veranstaltung darum, die oben genannten Wirkungsweisen offenzulegen. Allerdings sehe ich ein Gegenmittel in der Repolitisierung relevanter Fragen. Mir geht es nicht um eine Moralisierung, sondern um eine stärkere Vermittlung politischer Konflikte durch Parteien und Parlamente.

Wie können wir unsere Demokratie gegen rechtspopulistische Angriffe schützen?

Vortrag „Populismus und Identitätspolitik als Krisenphänomene des Politischen: 18 Uhr, Haus der Wissenschaft

Ich denke, dass wir den politischen Konflikt und die Auseinandersetzung mit strittigen Fragen suchen müssen. Man muss nun mal akzeptieren, dass es zu komplexen Themen unterschiedliche, legitime Meinungen gibt, sei es in der Flüchtlings- oder Wirtschaftspolitik.

In Ihrem Vortrag geht es auch um die Bedeutung der Identitätspolitik als Krisensymptome. Sind hier sowohl die rechte, völkische Identitätspolitik, als auch die links-liberale Identitätspolitik gemeint?

Ja, beide. Auch die linke Identitätspolitik halte ich für problematisch, da sie gewissermaßen vorpolitische Identitäten in den politischen Raum trägt. Das trägt dazu bei, dass dieser diskursiv vereinnahmt wird – sei es durch ethnische, sexuelle oder soziale Identitäten. Wenn sich politische Interessen nur noch über Gruppenzugehörigkeit definieren, dann wird sich auch bald die Mehrheitsgesellschaft als weitere schützenswerte Gruppe definieren.

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