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Kommentar Mays RücktrittsangebotPlot ohne Popcorn

Eva Oer
Kommentar von Eva Oer

Der Wunsch nach einem Ende des Brexit-Streits wächst – egal wie. Doch so einfach ist es nicht. Es geht dabei um die Rechte von Millionen Menschen.

Brexit-Streit: Irgendwann reicht es auch Foto: dpa

I rgendwann muss jede spannende Serie ihr Ende finden. Der Plot der Show „Brexit – Wie Großbritannien den Weg aus der EU nicht fand“ ist jedenfalls langsam so absurd, dass es kaum noch zu ertragen ist. Premierministerin Theresa May hat tatsächlich ihren Rücktritt ins Spiel gebracht – als Gegen„leistung“ für die Zustimmung zu ihrem Deal quasi. Als der EU freundlich gesinnte Bürgerin mit leichter Brexit-Ermattung wünschte man sich nichts sehnlicher, als dass das Ganze endlich ein Ende hat, das Abkommen mit der EU schließlich durch ist und die grässliche Brexit-Bredouille somit passé.

Blöd nur: Sollte dieser Plan aufgehen, dräut der EU in der nächsten Phase der Verhandlungen noch mehr Drama: Denn wer soll schon nach May kommen? Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die britischen Konservativen einen ihrer Ultra-Brexiteers an die Parteispitze hieven würden – oder zumindest jemanden, der den Wünschen dieser Gruppe noch stärker Rechnung tragen wird als May.

Ein solcher Nachfolger dürfte erst einmal versuchen, es denen in Brüssel so richtig zu zeigen und sich als Aufräumer nach Theresa Mays Herumgerödel zu inszenieren – schließlich hören die Verhandlungen mit der EU in der Übergangsphase nicht auf. Einige britische BeobachterInnen sehen eine solche Haltung in den jüngsten Äußerungen der konservativen Brexit-Ultras von der European Research Group (ERG). Dem Deal jetzt zuzustimmen, später lasse sich das schon noch alles umbiegen – diese Position scheine sich bei einigen innerhalb der ERG herauszukristallisieren, twitterte etwa der Politikkolumnist Rafael Behr vom Guardian.

Doch ob diese Wendung eintreten kann, dürfte sich erst in den nächsten Folgen dieser Schauerserie zeigen – ob die Abgeordneten am Freitag noch mal über Mays Abkommen abstimmen würden, war bis Redaktionsschluss unklar.

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Es bleibt der ungeheure Wunsch, endlich eine Lösung – irgendeine! – zu finden. Denn so schön sich die Popcorn-Drama-Analogie einfügt, so schäbig ist es doch am Ende: Beim Brexit geht es um echte Dramen, die Rechte von Millionen von BürgerInnen betreffen.

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Eva Oer
Redakteurin
*1985, seit November 2017 Redakteurin für europäische und globale Politik im taz-Auslandsressort. Hat seit 2014 immer mal wieder für die taz gearbeitet, meistens für das Ressort Wirtschaft und Umwelt, und schreibt gern über die EU und über Entwicklungspolitik.
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4 Kommentare

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  • Es wird nicht klar, was die Autorin des Kommentars eigentlich will. Soll das HoC dem Deal heute zustimmen oder nicht?

    „Blöd nur: Sollte dieser Plan aufgehen, dräut der EU in der nächsten Phase der Verhandlungen noch mehr Drama“

    Darauf hat die EU keinen Einfluss und für die Abstimmung im Unterhaus ist es irrelevant.

  • Naja, das ist ja der Witz! Normalerweise drohen Regierungschefs mit Rücktritt, wenn die Fraktion NICHT zustimmt, hier ist es anders herum. Warum eigentlich? Um Hardlinern aus der Fraktion, die May die Gefolgschaft verweigern, umzustimmen. Das ziehlt vor allem auf Johnson. Die Idee ist folgende: Man möchte den totalen Brexit, also keine Bindung an die EU, um ohne EU Freihandelsabkommen verhandeln zu können. Klingt vernünftig. Man fürchtet sich gleichzeitig vor Chaos durch einen harten Bexit. Mit diesem Vorschlag Mays kommt eine Art Übergangslösung ins Spiel: Jetzt erst einmal ein weicher Brexit, den Johnson dann schon noch in einen harten umverhandelt. Statt Schock Evolution. Und Johnson sammelt seine Hardliner hinter sich und stimmt May zu.

    • @EricB:

      Das ist doch nichts Neues. Theresa „Brexit means Brexit“ May verfolgte doch immer schon die Linie, nicht nur aus dem gemeinsamen Binnenmarkt, sondern auch aus der Zollunion auszutreten. Deshalb wurde die irische Grenze ja erst zum Problem.

      „Man möchte den totalen Brexit, also keine Bindung an die EU, um ohne EU Freihandelsabkommen verhandeln zu können. Klingt vernünftig.“

      Ja, wenn man keinen Atlas zur Hand hat. Der größte Handelspartner des UK ist die EU und bessere Bedingungen als die Mitgliedschaft im gemeinsamen Binnenmarkt gibt es m.W. nicht.



      Mit dem gesamten relevanten Rest der Welt hat die EU mehr oder weniger gute Abkommen. Wie realistisch ist die Vorstellung der Briten, bessere Verträge schließen zu können? Sie können sich zwar bei den Verhandlungen auf ihre eigenen Interessen konzentrieren und müssen nicht auch noch die Belange südeuropäischer Olivenbauern und der deutschen Automobilindustrie berücksichtigen, aber dafür fehlt ihnen als Einzelkämpfer auf der anderen Seite auch die wirtschaftliche Macht der EU.

      Nur mit der Schweiz und einigen Drittweltländern haben sie sich inzwischen auf die Fortschreibung der bisherigen Beziehungen (die über die EU ausgehandelt wurden) geeinigt. Aber schon Indien und Pakistan fordern im Gegenzug für Freihandel, Arbeitsmigration zuzulassen, und die USA machen u.a. heftig Druck im Agrar- und Pharmabereich.

  • Der richtige Ausweg aus diesem Dilemma wäre kommenden Samstag Morgen ab 00:00 Uhr gewesen. Chance vertan.