heute in bremen: „Hebammen müssen besser bezahlt werden“
Kirsten Kappert-Gonther, 52, ist Ärztin und sitzt seit 2017 für die Bremer Grünen im Bundestag.
Interview Jasmin Johannsen
taz: Frau Kappert-Gonther, was tun Sie für eine verbesserte Geburtshilfe?
Kirsten Kappert-Gonther: Seit ich Mitglied im Bundestag bin, habe ich regelmäßig Anfragen zu dem Thema gestellt. Das trägt langsam Früchte beim Gesundheitsminister, der die Geburtshilfe lange ausgeblendet hatte.
Sie richten Ihren Blick nun von Berlin auf Bremen, fällt Ihnen im Vergleich zu anderen Bundesländern etwas auf?
In Bremen sieht es verhältnismäßig gut aus. Das liegt sehr am Bündnis für die Förderung der natürlichen Geburt. Durch deren Arbeit konnte die Kaiserschnittrate in Bremen bereits gesenkt werden. Trotzdem fehlen Hebammen, sowohl außerklinisch als auch in den Krankenhäusern.
Was kann Lesley Page zu dem Thema beitragen?
Sie ist die erste Hebammenprofessorin Englands, hat dort eine richtige Bewegung angestoßen und setzt sich auch europaweit für die Stärkung der Hebammen ein. Deutschland ist im EU-Vergleich Schlusslicht bezüglich der Akademisierung. England liegt dagegen ganz weit vorne.
Der Studiengang Hebammenwissenschaft wird ab dem kommenden Jahr auch in Bremen angeboten. Wirkt das dem Fachkräftemangel entgegen?
Eine EU-Verordnung gibt vor, dass ab 2020 alle Hebammen auf Hochschulniveau ausgebildet werden müssen. Der Studiengang ist Grundlage dafür, dass Hebammen endlich gemäß ihrer Qualifikation eingesetzt und bezahlt werden.
Vortrag und Diskussion mit Kirsten Kappert-Gonther und Lesley Page zur Verbesserung der Geburtshilfe, 19 bis 21 Uhr, Institut Francais, Contrescarpe 19.
Woran liegt es, dass die Zahl der Kaiserschnitte so hoch ist?
In Deutschland wird bei etwa 30 Prozent aller Geburten ein Kaiserschnitt durchgeführt. Aber in nur zehn bis 15 Prozent ist das medizinisch notwendig. Bei den übrigen Kindern wäre eine natürliche Geburt möglich und besser. Die ist aber zeitintensiver – deshalb, und auch wegen der finanziellen Fehlanreize, werden mehr Kaiserschnitte durchgeführt. Die natürliche Geburt muss bundesweit stärker gefördert werden.
Was kann innerhalb der Geburtshilfe verbessert werden?
Die Reform der Ausbildung ist nur ein Baustein. Die Hebammen müssen besser bezahlt werden und wir brauchen klare Personalvorgaben.
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