Linke streitet über Polizeigesetz: „Autoritäre Gesetzesverschärfung“
Rot-Rot in Brandenburg will ein neues Polizeigesetz einführen. Linke aus Bund und Ländern fordern nun ihre Parteikollegen auf, dieses abzulehnen.
Am Montag veröffentlichten die GegnerInnen des Polizeigesetzes in der Linkspartei einen offenen Brief an die Brandenburger Linksfraktion. Ihre Partei stehe für den Widerstand gegen „autoritäre Gesetzesverschärfungen“, heißt es darin. Kein einziges Mal habe eine Linken-Fraktion bisher Einschränkungen von Freiheitsrechten zugestimmt. So habe man sich als glaubwürdige Bürgerrechtspartei profiliert. „Diese Glaubwürdigkeit steht aktuell in Brandenburg zur Disposition.“
Unterschrieben ist der Brief von neun Bundestagsabgeordneten der Linken, von vier Bundesvorstandsmitgliedern, von mehreren Parteivorständen aus Sachsen, Niedersachsen, Hessen oder Nordrhein-Westfalen und weiteren Parteimitgliedern.
Das neue Polizeigesetz begründet Rot-Rot damit, die Brandenburger PolizistInnen besser für Anti-Terrormaßnahmen rüsten zu müssen. Terrorverdächtige sollen nun bis zu vier Wochen präventiv inhaftiert werden können. Die Videoüberwachung würde ausgeweitet. PolizistInnen bekämen Bodycams und könnten im Terrorfall Handgranaten und Sprengstoff einsetzen. GefährderInnen könnten Auflagen erhalten, ihren Wohnsitz nicht zu verlassen. Die Schleierfahndung würde landesweit eingeführt. Gleichzeitig soll der Verfassungsschutz von 93 auf 120 MitarbeiterInnen aufgestockt werden.
„Nicht bis zur Unkenntlichkeit verbiegen“
Die Initiative kam vom SPD-geführten Innenministerium – auch mehrere andere Bundesländern hatten zuletzt ihre Polizeigesetze verschärft oder sind gerade dabei. Die Brandenburger Linke hatte zuletzt noch mehrere Maßnahmen aus dem Polizeigesetz rausverhandelt: So soll es keinen Staatstrojaner-Einsatz auf Handys oder PCs mehr geben, auch keine Fußfesseln für GefährderInnen. Und für mehrere Maßnahmen bräuchte es nun die Zustimmung von RichterInnen.
In der Gesamtpartei aber brach das den Widerstand nicht. Auch die verbliebenen Maßnahmen seien nicht vertretbar, heißt es im Offenen Brief. „Jede einzelne dieser Maßnahmen muss für die Linke inakzeptabel sein und bleiben.“ Die verschärften Polizeibefugnisse könnten am Ende auch gegen linke AktivistInnen eingesetzt werden. „Eine Linke darf niemals zu ihrer weiteren Kriminalisierung beitragen.“ Auch gehöre der Verfassungsschutz nicht ausgebaut, sondern abgeschafft.
Man wisse, dass eine Ablehnung des Gesetzes einen Koalitionsbruch in Brandenburg bedeuten könne, so die UnterzeichnerInnen. Sie plädieren dennoch für diesen Schritt: Es dürfe nicht passieren, dass sich die Linke „in Regierungsverantwortung bis zur Unkenntlichkeit verbiegt und überflüssig macht“.
Zustimmung schade der Glaubwürdigkeit
Schon am Sonntag hatte sich auch der Bundesausschuss der Linkspartei in dieser Frage klar positioniert. Nach längerer Debatte forderte er mit deutlicher Mehrheit die Brandenburger Linke auf, kein neues Polizeigesetz mitzutragen, das polizeiliche Befugnisse ausweitet und Grundrechte abbaut. Präsidiumsmitglied Willi van Ooyen warnt: „Eine Zustimmung widerspräche der Parteiprogrammatik. Das schadet der Glaubwürdigkeit der ganzen Partei.“
Die Brandenburger Linksfraktion wird sich am Dienstag noch einmal über das Gesetz beraten. Dort würden dann auch der Offene Brief und der Bundesausschuss-Beschluss thematisiert, sagte Vize-Fraktionschefin Kathrin Dannenberg der taz. Den Gesetzesentwurf aber verteidigte sie: Man habe diesen „in wesentlichen Punkten entschärft“ und die Bürgerrechte immer im Blick gehabt.
Dannenberg verwies auf die Koalitionspflichten: „Es geht jetzt auch um Zuverlässigkeit in der Regierung.“ Sie gehe davon aus, dass die Linken-Fraktion am Mittwoch dem Gesetzentwurf mehrheitlich zustimmen werde.
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