Rechter Terroranschlag in Neuseeland: Ein Held von Christchurch

Auch in der Linwood-Moschee im neuseeländischen Christchurch wollte ein Terrorist Betende erschießen. Doch ein mutiger Mann vereitelte das.

Abdul Aziz im Porträt

Ein bescheidener Held: Abdul Aziz sagt, Allah habe durch ihn gehandelt Foto: reuters

BERLIN taz | Als am frühen Freitagnachmittag der amtierende Imam in der Linwood-Moschee im neuseeländischen Christchurch realisiert, dass ein behelmter Mann in schwarzem Kampfanzug vor dem Gebäude auf Menschen schießt, fordert er die Gläubigen auf, sich hinzulegen. Doch die Menschen, die hier zum Freitagsgebet versammelt sind, hören nicht gleich auf ihn. Erst als ein Schuss ein Fenster der Moschee zerspringen lässt, werfen siech sich auf den Boden. Nicht jedoch Abdul Aziz.

Der 48-jährige afghanischstämmige Vater von vier Söhnen läuft vielmehr auf den Ausgang des Gotteshauses zu und greift nach dem erstbesten Gegenstand, den er vielleicht als Waffe nutzen kann: ein Lesegerät für Kreditkarten. Aziz ist von stämmigem Körperbau und trägt einen Pferdeschwanz. Als Jugendlicher floh er aus Kabul und lebte dann mehr als 25 Jahre in Sydney. Seit zweieinhalb Jahren betreibt er in Christchurch ein Möbelgeschäft.

Er sei, sagt er später neuseeländischen Medien, ohne groß nachzudenken reflexartig nach draußen gerannt, um den Attentäter dort abzulenken. Auf der Straße habe dann ein Mann mit einem Gewehr hantiert, bei dem er aber nicht sofort erkannt habe, ob dieser ein „Guter“ oder ein „Böser“ gewesen sei. Erst als der Mann zu fluchen begann, sei ihm klar geworden, dass es der Angreifer sein müsse.

Vor der Moschee versucht er, den Schützen durch Rufe auf sich aufmerksam zu machen und einen geeigneten Moment zu finden, das Kartenlesegerät nach ihm zu werfen. Derweil fordern sein fünf- und sein elfjähriger Sohn Aziz mit Rufen auf, wieder in die Moschee zu kommen, weil es drinnen sicherer sei.

Allahs Wirken

Doch Aziz will das Eindringen des Terroristen in das Gotteshaus unbedingt verhindern. Der Attentäter schießt sechs bis sieben Mal auf ihn, doch Aziz findet hinter Autos Deckung. Der Schütze habe seine Waffe gewechselt, sagt Aziz – nur so sei es ihm gelungen, selbst an eines der Gewehre zu kommen.

Damit legt er auf den Attentäter an und kann diesen offenbar irritieren, auch wenn das Magazin leer ist. Der Terrorist rennt zu seinem Auto, und Aziz wirft das Gewehr nach eigenen Worten „wie einen Pfeil“ auf die Windschutzscheibe. Die zerbirst, was den Attentäter erschreckt.

Statt wie zuvor bei der anderen von ihm angegriffenen Moschee, wo er 42 Menschen erschoss, aus dem Auto Nachschub zu holen, fährt der Terrorist jetzt davon. Doch schon kurz darauf gerät er an zwei Polizisten aus einem Nachbarort, die gerade in Christchurch sind. Sie drängen sein Auto, das wegen der zerborstenen Windschutzscheibe auffällt, ab und können ihn schnell festnehmen.

Der Imam nennt Aziz einen Helden. Denn ohne dessen mutiges Eingreifen hätte es bei der Linwood-Moschee sicher mehr Tote gegeben, vor allem wenn der Killer tatsächlich in das Gotteshaus eingedrungen wäre. Aziz jedoch bleibt bescheiden: „Es war nicht ich, der die Menschen gerettet hat. Es war Allah.“ Der habe offenbar nicht gefunden, dass es für ihn jetzt schon Zeit zu sterben sei.

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