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Jürgen Vogt über den fortschreitenden Machtkampf in VenezuelaCaracas voller Energien

Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro sitzt auch nach dem größten Blackout in der Geschichte des Landes weiter fest im Regierungssattel. Mehr noch: Maduro und seine Getreuen machen aus der Katastrophe eine Erfolgsgeschichte.

Fast euphorisch feiern die Chavistas das Ende des Stromausfalls als gewonnene Schlacht im Stromkrieg mit dem nördlichen Aggressor. Es scheint, als habe der verheerende Stromausfall beim Regime in Caracas neue Energien freigesetzt. Das Vokabular von Schlacht, Angriff oder Krieg passt nicht nur gut ins polarisierte Freund-Feind-Schema, es schweißt auch die zivile Bevölkerung und die Militärs zusammen. Denn die einzige innere Gefahr für das Regime geht von den Militärs aus.

Und um einem Militärputsch vorzubeugen, überträgt Maduro den Militärs noch mehr Kontrolle über Land und Bevölkerung. Auf Schritt und Tritt sollen jetzt Soldaten die Arbeiter des staatlichen Energieversorgers Corpoelec begleiten. Und möglicherweise dient der am Sonntag angekündigte Kabinettswechsel dazu, noch mehr Generäle in die politische Führung einzubinden. Der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó tingelt derweil über die Dörfer. Guaidós Auftritte gleichen inzwischen immer mehr denen eines Rockstars. „Operation Freiheit“ lautet das Motto seiner Tour, deren letzte Station der Präsidentenpalast Miraflores in Caracas sein soll.

Doch auch wenn trotz aller internationaler Unterstützung die Anfangs­euphorie verflogen scheint, gerade die Chavistas werden seine Auftritte in der Provinz mit Argusaugen verfolgen. Der Comandante eterno Hugo Chávez war nach seinem gescheiterten Putsch ebenfalls über die Dörfer gezogen und hatte sich in mühsamer Kleinarbeit den nötigen Rückhalt zum Einzug in Miraflores verschafft.

Offen ist, ob die Falken in der US-Administration das Ende von Guaidós langem Marsch abwarten werden. Noch hindert sie die Ablehnung in der Region. Doch wenn die weiter stattfindende Emigrationsbewegung die Lage in den Nachbarländern verschärft, könnte die Stimmung kippen.

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