: Für kein Geld der Welt
Die neue Miniserie „Arme Millionäre“ (20.15 Uhr, RTL) mit Sky DuMont kann man sich getrost sparen
Sarah sitzt gerade beim Friseur, als sie die plötzliche Eingebung hat, dass ihr Vater Selbstmord begehen möchte. Sie springt auf und rennt zum Flughafen, auf dem der Vater gerade mit einer Cessna in den geplanten Tod startet.
„Papa“, ruft sie über ein Funkgerät im Tower, „tu uns das nicht an. Ich bin extra vom Friseur gekommen und sehe aus wie ein gerupftes Huhn.“ Und Papa, über dem Flughafen kreisend, entgegnet: „Das will ich mir nicht entgehen lassen.“ Und lacht und landet mit der Cessna sicher auf dem Boden.
Dass gerade ein Suizidversuch verhindert wurde, scheint nicht wichtig zu sein, denn geredet wird darüber im weiteren Verlauf von „Arme Millionäre“ nicht. Überhaupt verläuft hier vieles im Sand.
Nach „ Das geheimen Leben der Spielerfrauen“ und „Wilde Engel“ sendet RTL mit „Arme Millionäre“ eine weitere vierteilige Miniserie. Starteten die beiden ersten Serien aber noch mit der Perspektive, bei guter Quote fortgesetzt zu werden (gab’s aber nicht), wartet man bei den „Millionären“ das Zuschauervotum schon gar nicht mehr ab. Nach zwei Doppelfolgen ist definitiv wieder Schluss. Zu Recht.
Die Produktionsfirma sanset hat diesen Kurzsprint durch die sozialen Klassen zu verantworten: Mit unerklärlichen Zufällen, verkitschten Dialogen und vielen Klischees zu poppiger Musik – auch wenn mit Sky DuMont, Andrea Sawatzki und Mavie Hörbiger gute Leute mitspielen.
Dabei ist die Idee von „Arme Millionäre“ eigentlich interessant. Denn die Millionärsfamilie Rafael muss mit ihrer Hotelkette Konkurs anmelden.
Und als der Inquisitor den Raum betritt, der sicher nur zufällig so aussieht wie Haim Saban, der ehemalige Besitzer von ProSiebenSat.1, ist es geschehen um den angesammelten Reichtum der verwöhnten und realitätsfernen Familie. Ihr Haus mit Swimmingpool, Golfplatz, Badewanne mit Bräunungsfunktion und einem sich um die eigene Achse drehenden zweiten Stock ist weg, die Chauffeure und Köche werden arbeitslos.
Und so muss die luxusverwöhnte Familie nun die sozialen Brennpunkte kennen lernen und lebt ab sofort in einem schäbigen Plattenbau.
Nur das soll die arrogante Gesellschaft natürlich nicht mitbekommen, weshalb man weiterhin im gestriegelten Anzug und mit Escada-Bluse herumläuft und die Treppe im Mietshaus nicht putzen möchte. Ja, das Leben verändert sich, die Rafaels wollen in ihrem alten Trott weiterleben.
Aber dann gibt es ja eben auch etwas Positives zu berichten: Denn wo sonst ist im Fernsehen fast zeitgleich mit dem Sendebeginn einer Serie auch gleich schon wieder Schluss?
SASCHA BLÄTTERMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen