piwik no script img

Wahrscheinlich Chlorgas eingesetzt

Untersuchungsbericht hält fest: Syriens Armee nutzte bei dem Angriff auf die Stadt Duma Giftgas

Von Jakob Farah, Beirut

Bei dem Angriff auf die syrische Stadt Duma am 7. April 2018 wurde sehr wahrscheinlich Chlorgas eingesetzt. Zu diesem Schluss kommt der Bericht der Fact Finding Mission der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). Es gebe „hinreichende Verdachtsmomente dafür, dass giftige Chemikalien bei dem Angriff eingesetzt wurden. Der Bericht stützt sich auf Bodenproben und Zeugenaussagen. Wer für den Angriff, bei dem 43 Menschen getötet wurden, verantwortlich war, wird nicht erwähnt. Dafür fehlt der Organisation das Mandat. Nach Veto Moskaus im UN-Sicherheitsrat gegen eine Verlängerung lief das Mandat im November 2017 aus.

Als Reaktion auf den Giftgasangriff feuerten die USA, Großbritannien und Frankreich am 14. April 2018 Marschflugkörper auf eine Forschungseinrichtung und zwei syrische Militärbasen. Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte die Verantwortung der Armee für den Angriff stets abgestritten.

Bereits im Oktober 2017 machten UN und OPCW Assad für einen Angriff mit Sarin auf Chan Schaichun im April desselben Jahres verantwortlich. Auch ein im Januar 2018 vom UN-Menschenrechtsrat veröffentlichter Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass hinter dem Großteil der insgesamt 34 bestätigten Angriffe mit Chemiewaffen die syrische Armee steht.

Nach wachsendem internationalen Druck war Syrien im Oktober 2013 der UN-Chemiewaffenkonvention beigetreten und hatte der Zerstörung seines Chemiewaffenarsenals zugestimmt. Chlorgas, dessen Verwendung der OPCW-Bericht bestätigt, stand allerdings nicht auf der Liste der Kampfstoffe, die Syrien abgab. Anders als etwa das Nervengift Sarin ist Chlor ein sogenanntes Dual-Use-Produkt, das auch in vielen zivilen Bereichen angewendet wird.

Ein im Februar veröffentlichter Bericht des Global Public Policy Institute (GPPI) in Berlin spricht von insgesamt 336 Angriffen, bei denen seit 2012 in Syrien Chemiewaffen eingesetzt worden seien. Bei den meisten handelte es sich um improvisierte Chlorgasbomben.

Im Vergleich zum Nervengift Sarin wirkt Chlorgas weit weniger tödlich. Der GPPI-Bericht spricht von insgesamt 188 Todesopfern, die auf den Einsatz von Chlorgas in Syrien zurückgeführt werden können. Die Chlorgasbomben seien vom Assad-Regime gezielt als ein Instrument der kollektiven Bestrafung eingesetzt worden, mit dem Ziel, die Zivilbevölkerung in von Rebellen kontrollierten Gebieten zu terrorisieren und deren Unterstützung für die oppositionellen Milizen zu untergraben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen