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Am Wasser gebaut

Flensburg hat ein Sanierungskonzept für das Hafengelände beschlossen – und einer dort ansässigen HandwerkerInnenkooperative gekündigt. Dabei passt die perfekt ins Konzept

Nicht bereit, auszuziehen: die HafenwerkerInnen wollen auch nach der Sanierung bleiben Foto: Esther Geißlinger

Von Esther Geißlinger

Blauer Himmel spannt sich über der Flensburger Förde. Am Kai vor den alten Speichern am Flensburger Ostufer liegt ein Segelschiff, an Land erheben sich Backsteinsilos. Seit Jahren will die Stadt das Hafengelände am Ostufer der Förde neu gestalten. Im Februar beschloss die Ratsversammlung nun ein Sanierungskonzept.

Betroffen ist auch das „Hafenwerk“, eine Gruppe von sechs HolzhandwerkerInnen, die in getrennten Betrieben, aber als Gruppe zusammenarbeiten. Die 2004 gegründete Kooperation macht mit Konzerten, Lesungen und Handwerkskursen auch kulturelle Angebote und würde damit bestens in das Konzept des „maritimen Stadtteils“ passen.

Dennoch droht dem Hafenwerk das Aus. Der alte Speicher, in dessen Erdgeschoss sich die Kooperative eingemietet hat, stammt aus dem Jahr 1936: massive Wände, dicke Säulen. An einigen Stellen bröckelt Beton aus der Decke, Teile des Vordachs sind abgesperrt. Aufgrund der Sicherheitsbedenken haben die Stadtwerke Flensburg, die das stadteigene Gebäude verwalten und vermieten, der Gruppe im vergangenen Herbst gekündigt.

Doch die HafenwerkerInnen vermuten, dass es angesichts der Umbaupläne vor allem darum geht, die Gebäude zu räumen. „Klar gibt es Probleme“, sagt der Zimmerer und Energieberater Tim Janke aus dem Hafenwerk-Team. „Aber wir meinen, das ließe sich beheben.“

Die Stadtwerke sehen es anders: „Wir mögen das nicht verantworten“, sagt Unternehmenssprecher Peer Holdensen der taz. „Wenn etwas passiert, wenn etwa bei einer öffentlichen Veranstaltung ein Stück von der Decke fällt, sind wir sind in der Haftung.“

Ende vergangenen Jahres hatte das Hafenwerk eine Petition gestartet und die Unterschriftenlisten Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) überreicht. „Wir haben ein Käffchen mit ihr getrunken, es war ein nettes Gespräch“, erzählt Tischlermeisterin Silke Wagner. „Allerdings ohne klares Ergebnis.“

Doch nach einem Treffen mit der FDP-Ratsfraktion und Stadtwerke-Chef Maik Render schien sich ein Weg zu öffnen: Wenn die HandwerkerInnen das Haftungsrisiko übernehmen, können sie bleiben. Aber das Angebot, das dann ins Haus flatterte, „war unglaublich, vollkommen jenseits“, sagt Tischlermeister Kay Peters.

Laut dem Schreiben soll die Gruppe nicht nur den Bereich, den sie gemietet hat, sondern das gesamte Silo erhalten und garantieren, dass „eine Gefährdung von Menschen und Sachen ausgeschlossen“ ist. Festgelegt sind unter anderem wöchentliche Kontrollen des gesamtes Gebäudes und Sicherungsmaßnahmen. Im Gegenzug verpflichten sich die Stadtwerke vor allem zu regelmäßigen Kontrollen.

„So hatten wir uns das nicht vorgestellt“, sagt Peters. „Wir schließen daraus, dass man uns im Grunde doch nicht mehr hier haben möchte.“ Bleibt alles beim jetzigen Stand, müsste die Gemeinschaftswerkstatt spätestens im September 2019 ausziehen. Das Gebäude würde dann leer stehen, denn eine Sanierung planen die Stadtwerke nicht: „Das wäre sehr teuer, denn wenn man es macht, muss es vernünftig sein“, sagt Peer Holdensen von den Stadtwerken. Durch Leerstand aber würde das angejahrte Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, weiteren Schaden nehmen.

Kay Peters, Tischlermeister

Droht ein Abriss? „Das wäre eine Mutmaßung“, sagt Holdensen. Laut Clemens Teschendorf, Sprecher der Stadt Flensburg, sei das Ziel, „langfristig eine Planung aus einem Guss“ zu machen. Es wäre leicht, betont der Stadtsprecher, die Grundstücke teuer für privaten Wohnungsbau zu verkaufen, aber „wir wollen, dass verschiedene Nutzungen Platz finden, mit Zugang zum Wasser für alle“. Daher sei es schwer, Zusagen für ein einzelnes Gebäude zu treffen.

Das Speichergrundstück grenzt an eine Wiese an der Spitze des Harniskais. Dort stand bis Februar 2015 die „Luftschlossfabrik“, ein alternatives Wohn- und Kulturprojekt. Es wurde unter massivem Polizeiaufgebot geräumt. Passiert ist seither nichts auf dem Gelände. Stattdessen stritten die FlensburgerInnen in Workshops und Arbeitsgruppen um das Ostufer.

Und der Streit geht nach dem Beschluss der Ratsversammlung weiter. So hat sich eine Bürgerinitiative „Flensburger Hafen“ gegründet, die „das Sanierungskonzept vom Kopf wieder auf die Füße“ stellen und den Hafen am Ostufer halten will.

„Dieser politische Wirrwarr ist dabei, uns zu überfahren“, sagt Zimmerer Tim Janke. „Aber Ausziehen für nichts ist nicht akzeptabel. Dafür ist das Projekt zu wertvoll.“

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