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Abspaltungen verunsichern May und Corbyn

Ab Dienstag beschäftigt der Brexit wieder das britische Unterhaus. May schließt Verschiebung aus

Von Dominic Johnson

Der ungelöste Streit um den Brexit wird ab Dienstag wieder das britische Parlament beschäftigen – und die Abspaltungen der vergangenen Woche sowohl bei der Labour-Opposition als auch bei den regierenden Konservativen sind dabei ein neuer Unsicherheitsfaktor.

Insgesamt acht Labour-Abgeordnete und drei Konservative, die sich in der Ablehnung des britischen EU-Austritts einig sind, verließen am 18. Februar ihre Parteien und schlossen sich zur fraktionslosen „Independent Group“ zusammen. Rein zahlenmäßig fallen die „Unabhängigen“ weniger ins Gewicht als dadurch, dass sie bei den extrem knappen Mehrheitsverhältnissen im Unterhaus jetzt das Zünglein an der Waage spielen können und keiner Fraktionsdisziplin mehr unterstehen. Dadurch wird die Lage sowohl für Premierministerin Theresa May als auch für Labour-Chef Jeremy Corbyn unkontrollierbarer.

May will am Dienstag vor den Parlamentariern über den Fortgang ihrer Verhandlungen mit der EU berichten. Es geht um die Nachbesserungen beim sogenannten Backstop für Nordirland, die das Parlament als Bedingung einer Zustimmung zum vorliegenden Brexit-Abkommen formuliert hat. Die Gespräche darüber haben noch keine belastbaren Ergebnisse gebracht, da die EU es bislang ausschließt, den im November 2018 beschlossenen Brexit-Vertragstext noch einmal aufzuschnüren.

Ohne ein solches Aufschnüren allerdings ist eine Ratifizierung des Abkommens durch das britische Unterhaus nicht zu erwarten, nachdem dieses im Januar das Abkommen mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt hatte. Solange das gesetzlich festgelegte Brexit-Datum 29. März 2019 Bestand hat, wird damit ein Brexit ohne Vereinbarung – der sogenannte No-Deal-Brexit – immer wahrscheinlicher.

Eine Verschiebung des Brexit sei angesichts dieses Dilemmas eine „rationale“ Lösung, sagte EU-Ratsvoritzender Donald Tusk am Montag auf einer Pressekonferenz am Rande des europäisch-arabischen Staatengipfels in Ägypten. Theresa May blieb allerdings im Anschluss dabei, eine Verschiebung abzulehnen. Diese löse das Problem nicht, sagte sie und behauptete: „Es liegt in unserer Reichweite, am 29. März mit einem Deal auszutreten.“

Parlamentsrevolten gegen ihren Kurs, beispielsweise durch einen Beschluss zur Aussetzung des Brexit-Datums, hat May dieses Jahr bereits zweimal abwenden können, indem sie eine bindende Abstimmung zwei Wochen später versprach. Diesmal versucht May das erneut. Ihr neuestes Versprechen einer Abstimmung am 12. März soll die Parlamentarier davon abhalten, einem Hinterbänklerantrag aus den Labour-Reihen zu folgen, der der Regierung eine Frist bis 13. März zur Einigung mit der EU setzt und ansonsten die Möglichkeit einer Brexit-Verschiebung beschließt. Die Abstimmung darüber wird für Mittwoch erwartet.

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