Tanit Koch wechselt zu n-tv: Die Ruhige
Tanit Koch steigt wieder ein: Nach einem Jahr Auszeit beginnt die Ex-Bild-Chefin nun beim Fernsehsender n-tv. Es ist ein später Triumph.
Der Tag, an dem man erfahren durfte, ob Tanit Koch eine Frau ist, die sich von anderen abmelden lässt, war gar nicht der 2. Februar 2018, als bekannt wurde, dass die Chefredakteurin der Bild-Zeitung keine Lust mehr hat auf den Quatsch. Ein ewiges Hin und Her war das gewesen, mit ihrem Co-Chef Julian Reichelt, und dann sagte sie Tschüss und ging. Die Job-Option, die sie ihr angeboten hatten bei Springer, um den Machtkampf in der Chefetage der Bild zu befrieden, schlug sie aus.
Das war also jener Machtkampf gewesen. Einerseits hatte sie ihn verloren, andererseits war sie stolz und würdig gegangen – so weit, so gut.
Der Tag aber, an dem man nun also erfahren durfte, dass Tanit Koch keine Frau ist, die sich von anderen abmelden lässt, das war neulich erst: Der 17. Januar 2019, ein kalter Donnerstag, und sie setzte sich einfach mit auf das Sofa in der Kunsthalle Rostock und lächelte.
Springer-Chef Mathias Döpfner war da, Ex-Bild-Chef Kai Diekmann und auch ihr einstiger Gegenspieler, der heutige Bild-Chef Julian Reichelt. Koch war auch extra angereist zu dieser Ausstellungseröffnung über die letzten Jahre auf dem Sofa der Bild-Chefredaktion. Das war also der besondere Moment: Sie setzte sich mit auf das Sofa und lächelte als wäre nichts gewesen. Es war ein kleiner Sieg oder, genau genommen, auch ein großer.
Sie lächelte. Reichelt lächelte nicht.
Ein Jahr ist es nun also her, dass Koch – Alter: 41, Größe: 1,70 Meter, Studentenverbindung: Stuttgardia, Sternzeichen: Löwe – sagte, sie freue sich auf das nächste Abenteuer. Jetzt beginnt es, berechenbar und kühl, aber groß.
Zum 1. März soll Tanit Koch Geschäftsführerin beim Nachrichtensender n-tv werden und dort nicht nur rechnen, sondern das journalistische Zentrum der RTL-Nachrichtenredaktionen ausbauen. n-tv gehört der RTL-Mediengruppe an – und damit zu Bertelsmann. Neben der Geschäftsführung des Kanals soll sie nach Unternehmensangaben „als künftige Chefredakteurin Zentralredaktion eine gemeinsame Redaktionseinheit aufbauen, die das inhaltliche Fundament für die journalistischen Fernseh- und Digitalprodukte der Mediengruppe RTL bilden wird“.
Was das genau heißt? Schauen wir mal. Ein Abenteuer ist es jedenfalls, denn es gibt viel zu tun.
Abenteuererprobt ist die ruhige Juristin aus ihren vielen Jahren im Hause Springer, wo sie vor ihrer Zeit als erste Frau an der Spitze der Bild-Zeitung schon auf unterschiedlichsten Leitungspositionen war, unter anderem in der Unterhaltung. Gut eingearbeitet ist sie auch im Themenfeld der Nachrichtenaggregation auf Internetplattformen und sozialen Netzwerken wie Google und Facebook.
Zuletzt hatte sie mit dem ehemaligen US-Vize-Präsidenten Joe Biden und dem früheren Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in einem komischen Gremium mitgewirkt, das sich auf die ein oder andere Weise wohl mit der Integrität von Wahlen und mit Angriffen auf demokratische Staaten beschäftigt hat. Ihre Auszeit genoss Koch in London und sonstwo auf der Welt und mit einer gewissen Sympathie für das kundige Schlürfen von Austern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod