Guter Rat aus Rathenow

Bei einer Konferenz erarbeiteten geflüchtete Frauen Vorschläge zur Verbesserung ihrer Lebenssituation

Von Uta Schleiermacher

Einen Deutschkurs? Den würde Fereshde Hosseini ja gern machen. Aber bisher scheitert es an einer passenden Kinderbetreuung. Ihre zweijährige Tochter ist zu unruhig, bleibt nicht bei anderen Kindern, also muss Hosseini sie während des Unterrichts immer wieder zu sich nehmen und verliert so den Anschluss im Kurs.

Seit drei Jahren lebt die 27-jährige Afghanin in Rathenow. Und ärgert sich, dass sie noch immer nur wenig Deutsch kann. „Ich hab die Lösung: keine weiteren Kinder mehr bekommen“, sagt sie und erntet Gelächter in der Gruppe von zehn Frauen aus Afghanistan und dem Iran. Sie wollen mehr Möglichkeiten: „Wenn wir Arbeit haben, vergessen wir viel Stress, lernen die Sprache besser und können Kontakte knüpfen“, sagt Hosseini. Aber auch das ginge eben nur mit Kitaplatz.

Die Frauen diskutieren in einer von insgesamt fünf Gruppen, die sich am Freitag in Rathenow bei einer Tagung für geflüchtete Frauen über ihre Probleme, Bedürfnisse und Forderungen austauschen. Ihre Kinder spielen währenddessen im benachbarten Jugendclub. „Wir wollen, dass alle Frauen ohne Hemmungen und Sprachbarrieren zu Wort kommen, damit sie selbst über ihre Anliegen reden können“, sagt Organisatorin Fatuma Musa Afrah.

Afrah, die selbst aus Somalia geflohen ist und in Berlin lebt, hat vor wenigen Monaten den Verein United Action gegründet. Ein Jahr lang hat sie die Frauen in Rathenow immer wieder besucht und sich beim gemeinsamen Kochen, dem „Women Empowering Networking Lunch“, ihre Sorgen angehört. „Die Tagung ist jetzt der nächste Schritt“, sagt sie. „Wir können nicht immer nur fragen, wie wir helfen können, denn wir können nicht alle Probleme lösen. Dafür gibt es spezielle Institutionen und Organisationen.“

Knackpunkt Kitaplatz

Die hat Afrah ebenfalls eingeladen: das Familiencafé Rathenow, Träger von Erwachsenenbildung, Beratungsstellen für Frauengesundheit und Familienplanung und Vertreterinnen der Arbeitsagentur tauschen sich ebenfalls in einem Workshop aus. Die Themen Kinderbetreuung und Sprachkurs stellen sich denn auch als das wichtigste Anliegen der anderen Gruppen heraus. Die Gruppe aus Somalia wünscht sich außerdem, ein eigenes Café zu veranstalten. Andere bitten um Informationen, wie sie selbstständig arbeiten können.

Ein weiterer Vorschlag der Frauen: Die Einrichtung einer vorübergehenden Kita. Vom Familiencafé Rathenow, das vielen der Frauen bereits jetzt ein wichtiger Anlaufpunkt ist, kommt daraufhin das Angebot, einen Raum für Cafénachmittage anzubieten und Nähmaschinen, Stoffe und Friseurutensilien zur Verfügung zu stellen.

Im November wird es eine zweite Tagung in Rathenow geben, um festzustellen, was schon auf den Weg gebracht wurde. „Es ist jetzt eure Aufgabe, dass ihr auch vorbringt, was ihr machen möchtet. Und dass ihr euch Unterstützung dafür organisiert“, sagt Afrah. Sie plant, ähnliche Tagungen auch in anderen Brandenburger Städten zu veranstalten.