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Repressionen gegen HanfbarsHasch den Hanfblütentee

Gegen die Betreiber zweier Hanfbars in Braunschweig und Bremen geht die Polizei mit aller Härte vor: Bei Razzien wurden Hanfblüten und Bargeld beschlagnahmt.

Entkrampfend und schmerzlindernd: Hanfblütentee der Sorte „Obstsalat“ Foto: dpa

Bremen taz | Wie irrational die Cannabis-Repression ausfallen kann, hat sich zuletzt in Bremen und Braunschweig gezeigt. Eigentlich ist das Geschäft mit der Hanfpflanze schon längst keine Nische mehr. Während allerdings Reformhäuser und Supermärkte Hanfblütentees unbehelligt und völlig legal verkaufen, gilt das nicht für die Betreiber zweier Läden für Hanfprodukte. In ihren beiden „Hanfbars“ fanden Razzien statt: eine in Bremen und drei in Braunschweig. Hanfblüten wurden konfisziert, außerdem Kassenbelege, Ordner und über 100.000 Euro Bargeld. Marcel Kaine, der Besitzer der Braunschweiger Hanfbar, saß mehrere Wochen in U-Haft. Aber warum eigentlich?

„Wir sind ein reiner Gesundheitsladen“, sagt Kaine. In den Hanfbars gibt es Smoothies, Tee, Aufstriche, Schokoriegel – alles auf Hanfbasis. Der Konflikt zwischen Betreibern und Behörden dreht sich um die Frage, in welcher gesetzlichen Grauzone die Betreiber sich scheinbar bewegen. Dabei geht es um den Verkauf von Hanfblüten auf „CBD“-Basis. CBD steht für Cannabidiol und ist der nicht high machende Wirkstoff in Hanf. Er wirkt entkrampfend und schmerzlindernd – anders als THC (Tetrahydrocannabinol), das eine berauschende Wirkung hat und deshalb Regulierungen unterworfen ist. Erlaubt sind in Deutschland Werte bis 0,2 Prozent.

Kaine sagt, dass die THC-Werte seiner Hanfblüten, die er zu Tee verarbeitet und dann verkauft, alle in diesem legalen Bereich liegen. „Jede Charge, die wir bestellen, bringt unser Produzent vorab in ein Labor und lässt die Werte testen.“ Diese lägen bei seinen Produkten bei einem THC-Wert von 0,19 Prozent, also unter dem Grenzwert. Viele Blüten würden es nur auf 0,1 Prozent bringen. Seine Blüten hätten lediglich einen hohen Anteil des Wirkstoffs CBD, sagt Kaine. Eine berauschende Wirkung sei deshalb nicht möglich.

Nach der ersten Razzia in der Braunschweiger Hanfbar und Untersuchungen des LKA in Niedersachsen stellte sich heraus, dass die Hälfte der Blüten über dem erlaubten THC-Gehalt von 0,2 Prozent liegen. Allerdings wiesen nur die Blüten einen erhöhten Wert auf, deren Blätter und Stengel entfernt wurden – so steht es in den Unterlagen des LKA, die der taz vorliegen.

Strafverfolgung von Cannabis in Bremen

Die Grünen-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft hat den Senat nach den Kosten der Strafverfolgung infolge der Kriminalisierung von Cannabis gefragt.

Für Drogendelikte im Allgemeinen kann die Polizei Bremen keine Angaben über die Kosten der Ermittlungen machen. Verfahren zu Straftaten und Verkehrsdelikten wegen Cannabis werden nicht gesondert erfasst.

Blutuntersuchungen auf Alkohol und Betäubungsmittel kosteten von 2015 bis 2017 insgesamt über eine Million Euro.

Von insgesamt 68.343 Ermittlungsverfahren in der Stadt im Jahr 2017 waren laut Senat 3.138 Verfahren wegen Drogendelikten.

Dass Polizisten Blätter und Stengel vor der Messung entfernt haben, halten die Betreiber allerdings für eine unsaubere Messung. Auch Experten sehen das kritisch: „Dadurch wird der Wert manipuliert“, sagt Miguel Guttentag, Chemiker und CEO des in der Schweiz etablierten Labors „CBD-Test.ch“. „Korrekt wäre es, wenn das LKA die Ware direkt aus der Verpackung genommen und untersucht hätte.“

Die Rechtslage sei kompliziert, sagt der Braunschweiger Staatsanwalt Christian Wolters: „Sogar für Kollegen“. Nutzhanf dürfe laut Betäubungsmittelgesetz nur in verarbeiteter Form verkauft werden.

Ein Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft legt das Gesetz hingegen wesentlich schärfer aus: „Das bis zu 0,2 Prozent THC in Hanfprodukten zulässig sind, ist ein Irrglaube.“ Straffreiheit für die Bremer Hanfbar könne deshalb nur bei absoluter THC-Freiheit der Produkte garantiert werden. Die Anwältin der Bremer Hanfbar, Lea Voigt, hält die Rechtslage hingegen für umstritten. „Es ist befremdlich, dass eine Staatsanwaltschaft, die sonst darüber klagt, wie überlastet sie sei, nun ohne Not das Verfahren gegen die Hanfbar betreibt.“

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