: Grün will grünen Pfeil
Freie Fahrt für rechtsabbiegende Fahrradfahrer fordert die Grünen-Fraktion und plädiert gleichzeitig für die Abschaffung des Grünpfeils für Autos
VonTeresa Wolny
Das Rechtsabbiegen ist für Radfahrer*innen besonders bei großem Verkehrsaufkommen mit Autos und LKW nicht ganz ungefährlich. Um in dieser Situation mehr Sicherheit zu schaffen, fordert Ralph Saxe, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen in der Bürgerschaft, die Einführung eines Grünpfeils nur für Radfahrer*innen in Bremen. Damit könnten Fahrräder im günstigsten Fall bereits vor den PKW nach rechts abbiegen.
Der Fahrrad-Grünpfeil habe sich in Frankreich, Belgien und den Niederlanden schon seit einigen Jahren bewährt, sagt Saxe. Derzeit läuft in den Städten Bamberg, Darmstadt, Düsseldorf, Köln, Leipzig, München, Münster, Reutlingen und Stuttgart ein einjähriges Pilotprojekt des Bundesverkehrsministeriums mit dem Pfeil, das 2020 endet.
Bei einem positiven Ergebnis könnte es laut Saxe den Fahrrad-Grünpfeil dann auch in Bremen geben. Man müsse sich, so Saxe, aber bereits jetzt darauf vorbereiten und prüfen, wo ein solcher Pfeil sinnvoll ist. „Ob es sinnvoller ist, den Grünpfeil oder etwa eine verzögerte Ampelphase zu verwenden, muss an jeder Kreuzung individuell geprüft werden“, sagt Saxe. Auch deshalb müsse man sich der Sache rechtzeitig annehmen. Man habe einen Antrag an die SPD geschickt, eine Antwort stehe aber noch aus.
Auch Hannah Simon vom ADFC Bremen hält den Grünpfeil grundsätzlich für eine gute Idee: „Wir hätten uns gefreut, wenn auch Bremen zum Pilotprojekt gehört hätte“, sagt sie. Sowohl für den Verkehrsfluss als auch für die Sicherheit sei ein solcher Pfeil sinnvoll. Für sie ist der Grünpfeil aber nur einer von vielen Schritten zur Förderung des Radverkehrs in Bremen. „Es ist wichtig, dass etwa die Fahrradpremiumrouten, die bereits 2014 beschlossen wurden, endlich umgesetzt und gebaut werden“, sagt Simon.
Diese Routen würden auch stadtweite Verbindungen berücksichtigen, nicht nur Strecken von einer Kreuzung zur nächsten. Moderne Radwege, so Simon, benötigten überdies die Möglichkeit, ein Lastenrad gut überholen zu können, gleichzeitig müsse dabei jedoch auch noch genug Raum für Fußgänger sein. „Dafür sind viele Radwege in Bremen momentan nicht ausgelegt“, sagt sie. Viele Radwege seien außerdem in schlechtem Zustand.
Trotz dieser eher schlechten Bilanz belegt Bremen bei den europäischen Städten über 500.000 Einwohner*innen in Sachen Radverkehrsanteil mit 25 Prozent den dritten Platz. Nur die berühmten Fahrradparadiese Kopenhagen und Amsterdam haben einen höheren Anteil in dieser Kategorie. Aber: „In Bremen stagniert dieser Anteil leider seit einiger Zeit“, sagt Simon. Auch räumlich müsse daher im Stadtverkehr eine neue Verteilung stattfinden: „Der Raum für Autos ist in Bremen wie auch in vielen anderen Städten größer, daher muss die Umverteilung zwangsläufig auf Kosten des Autoverkehrs gehen.“
Hannah Simon, ADFC Bremen
Um die Sicherheit für Radfahrer*innen besonders an Kreuzungen weiter zu erhöhen, werden derzeit neben dem Fahrrad-Grünpfeil auch eine Reihe anderer Konzepte diskutiert. Darunter etwa verpflichtende Abbiegeassistenten für LKW oder die Senkung des innerstädtischen Tempolimits von 50 auf 30 Stundenkilometer. Die gefühlte Sicherheit ist laut Simon beim Radfahren ein großer Faktor. Ein Problem, zu dem der ADFC auch oft Rückmeldungen bekomme, sei der Sicherheitsabstand von 1, 50 Meter zu Fahrrädern, der von Autofahrer*innen oft nicht eingehalten würde.
Den Grünpfeil für Kraftfahrzeuge hingegen halten indes sowohl Ralph Saxe als auch Hannah Simon für abschaffungswürdig. Beide verweisen auf eine Studie der „Unfallforschung der Versicherer“, nach welcher es zwar keine allgemeine Häufung von Unfällen auf Kreuzungen mit dem Auto-Grünpfeil gibt, der Pfeil aber umgekehrt ebenso wenig den Verkehrsfluss oder den Kraftstoffverbrauch verbessert. Stattdessen erhöht die Grünpfeil-Regelung für PKW der Studie zufolge die Gefährdung oder Behinderung für Fußgänger*innen und den Radverkehr. „Der Pfeil ist auf jeden Fall nicht zielführend“, so Saxe.
In Bremen hätten die Maßnahmen für mehr Sicherheit beim Radfahren ein besonders großes Potential, erklärt Simon. „Die Wege in Bremen sind kurz, selbst nach Bremen Nord gibt es gute Verbindungen. Die müssen nur ausgebaut und verbessert werden.“
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