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Karsais listiger Gegenspieler

Sieht so Wandel in Afghanistan aus? In ein weites Obergewand (Kurta) und einen paschtunischen Turban gehüllt, bahnt sich Abdullah Abdullah den Weg durch seine Anhänger in Kandahar. In der Hochburg der Taliban ist die Sicherheit eher lax: Die Polizei bittet jeden Gast, seine Waffe abzugeben – das ist alles. Als Abdullah die Bühne erreicht, fällt prompt der Lautsprecher aus.

So locker, als Mann des Wandels im Obama-Stil, präsentierte sich der 49-jährige im August vor dem ersten Wahlgang. Was er zu sagen hatte, war zweitrangig: Korruption bekämpfen, Distriktgouverneure direkt wählen lassen. Wandel bedeutete für ihn vor allem eines: Karsai loswerden. Dafür bekommt er jetzt eine zweite Chance.

Während Karsai kleidungsmäßig stets elegant den ideellen Gesamtafghanen gibt, trägt Abdullah in jeder Provinz die jeweils vorherrschende Kleidung: im Süden Kurta und Turban, die flache Massud-Mütze im Pandschirtal, eine Lederjacke in Kabul. In seiner Amtszeit als Außenminister unter Karsai bevorzugte er Nadelstreifenanzug und Krawatte. Auch sein Politikstil orientiert sich an Karsai: Er schmiedet ebenso Koalitionen und präsentiert sich als Versöhner wie sein Konkurrent.

Als Sohn einer Tadschikin aus dem Pandschir-Tal und eines Paschtunen aus Kandahar ist er dazu vielleicht besser geeignet als jeder andere. Wurde der ehemalige Augenarzt und Sprecher des ermordeten Widerstandshelden Ahmed Schah Massud lange Zeit vor allem als Vertreter der Nordallianz wahrgenommen – jener Mudschaheddin-Gruppe, die die Taliban bis zuletzt bekämpfte und ihren Rückhalt vor allem unter ethnischen Tadschiken hatte –, hat er sein Image heute auf eine breitere Basis gestellt. Wer nach Inhalten sucht, wird bei Abdullah allerdings auch nicht fündiger als beim Präsidenten. BRITTA PETERSEN

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