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Kommentar Rechter MordversuchVerschweigen ist Alleinlassen

Andreas Speit
Kommentar von Andreas Speit

Nach der zufälligen Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios hatten die Sicherheitsbehörden mehr Empathie für die Opfer versprochen. Das müssen sie nun einlösen.

Das Verschweigen ist auch in den USA Thema: Anti-Nazi-Demo in Washington im August 2018 Foto: picture alliance/Michael Candelori/ZUMA Wire/dpa

D ie Debatte ist kein Streit um Zahlen: Die Auseinandersetzung zwischen staatlichen Ermittlungsstellen und zivilgesellschaftlichen Opfer-Beratungsstellen um die Anzahl rechter Morde in Deutschland ist eine um Menschen – um das persönliche Leid und die gesellschaftlichen Anerkennung. Das Verheimlichen eines rechtsextremen oder rassistischen Tatmotives ist eine Verhöhnung.

Bei vielen Ermittlungen und Gerichtsverfahren mussten Opfer rechter Gewalt – unterstützt von Beratungsstellen – immer wieder selbst auf die politische Dimension hinweisen. Es darf öfter nicht sein, was nicht sein soll. In Bremen war das nun anders – ein Mordversuch wurde als rechts motiviert erfasst. Polizei oder Staatsanwaltschaft informierten die Öffentlichkeit nicht. Dass die Tat in einer Behindertenwerkstatt geschah, sollte einer Information aber nicht entgegenstehen.

Oft kommen Opfer rechter Gewalt aus Gruppen, die auch in der Mitte der Gesellschaft nicht völlig akzeptiert sind. Sie sollten nicht selbst um Aufmerksamkeit für die Anerkennung eines politischen Angriffs kämpfen müssen.

Auch wenn der Vorwurf oft laut wird: Die Ermittlungsbehörden sind kein monolithischer Block, der nicht nach rechts schaut. Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass Polizei und Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit sowohl auf die Opfer wie auf rechte Täter aufmerksam machen. Denn eine Pressemitteilung von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft schärft die gesellschaftliche Wahrnehmung für ein Problem. Die rechtsextreme Szene weiß, dass in der Community der Opfer ihre gewalttätige Botschaft ankommt. Dieser politischen Wirkung der Taten muss etwas entgegengesetzt werden.

Aus ermittlungstaktischen Gründen kann eine anfängliche Zurückhaltung der Polizei und Staatsanwaltschaft geboten sein. Doch der versuchte Mord an der Weser liegt fast ein Jahr zurück. Nach der zufälligen Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios hatten die Sicherheitsbehörden mehr Empathie für die Opfer versprochen. Das müssen sie einlösen.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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1 Kommentar

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  • Zitat: "Nach der zufälligen Selbstenttarnung des NSU-Kerntrios hatten die Sicherheitsbehörden mehr Empathie für die Opfer versprochen. Das müssen sie einlösen."

    Ach ja? Müssen sie? Welche Autorotät kann sich schon Empathie leisten? Und welche Autorität kann Empathie erzwingen?

    Nicht mal die taz ist wirklich empathisch. Mit mir etwa. Aber schon klar: Die taz hat ja auch niemandem versprochen, dass sich demnächst was ändern wird. Kein Wunder. Es hat ja auch noch niemand von (Beinahe-)Todesopfern der taz berichtet. Mag sein, das rechnet sich die taz als ihr Verdienst an auf dem Bierdeckel.