: Was wird bloßaus dem Zeitungsabo?
Die taz steckt mitten in der Zeitenwende. Unsere gedruckte Tageszeitung erfährt immer weniger Nachfrage, dafür stoßen die digitalen taz-Angebote auf reges Interesse
Von Andreas Bull
Die vor Kurzem von der „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.“ (IVW) veröffentlichten Quartalszahlen über die Auflagen der Tageszeitungen verheißen wieder einmal nichts Gutes. Mit rund 15,5 Millionen in der gesamten Republik verkauften Exemplaren wurden im 4. Quartal 2018 täglich 670.000 Tageszeitungen weniger verkauft als im Vorjahresquartal, ein Verlust von 4,1 Prozent. Das geht Quartal für Quartal und Jahr für Jahr so, in den letzten 10 Jahren büßte die Branche 33,5 Prozent ein, der Tageszeitungsmarkt schrumpfte um 7,8 Millionen tägliche Exemplare.
Am ärgsten traf es dabei die Bild-Zeitung, die in diesem Zeitraum allein mehr als 1,8 Millionen an täglicher Auflage verlor, ein Minus von 55 Prozent! Dagegen kommt die taz eher glimpflich davon, die werktäglich von Montag bis Freitag verkaufte Auflage sank im Vergleich zum 4.Quartal 2008 um 9.402 Stück bzw 16,7 Prozent. Schlimm genug. Zulegen konnte dabei aber die taz am wochenende, nämlich um ziemlich genau 10 Prozent, das heißt um 5.913 Samstagstazzen. Hier zeigt sich der Erfolg von dem seit Herbst 2010 eingeführten Angebot, die Wochenend-taz separat abonnieren zu können. Immer mehr an den Ergebnissen der Arbeit der taz-Redaktion interessierte Lesende greifen dabei zu dem Kombi-Abo, bestehend aus der täglichen digitalen Lieferung der taz in der taz-App für Tablets oder Smartphones und zusätzlich der gedruckten taz am wochenende.
Die Dynamik der Erfolgskurve der taz am wochenende resultiert hauptsächlich aus der Nachfrage nach diesem Kombiabo, das wir mit Blick auf die Zukunft des Zeitungspublizierens sperrig, aber einprägsam „Vollabo Neuen Typs“ getauft haben. Es bietet die meiste Zeitung fürs Geld und die beste und sicherste Verfügbarkeit, vor allem angesichts der immer unzuverlässiger und schwieriger werdenden Zustellungen der gedruckten taz durch lokale Trägerdienste vor Ort oder auch die Post. Und inhaltlich gewährt das Angebot die Teilhabe an der täglichen Intervention in die gesellschaftlichen Entwicklungen, die die taz-Redaktion mit ihrer präzisen politischen Publizistik bietet, die am Wochenende in ein thematisch breit aufgestelltes Panoptikum aus Beobachtungen, Rechercheergebnissen, Essays und Hintergründigem mündet. Offenbar trifft das genau den Geschmack des zeitgenössischen Publikums. Geht mir übrigens selbst auch so.
2018, das Jahr, in dem die taz begann 40 Jahre alt zu werden, haben wir auch an den anderen publizistischen Produkten aus dem Hause taz gefeilt. Das Magazin taz FUTURZWEI mit dem Herausgeber Harald Welzer enthält jetzt 16 Seiten mehr, die Redaktion von Le Monde diplomatique bereitet den nächsten großen Atlas der Globalisierung vor, der jetzt im Mai erscheinen wird, App und ePaper erhalten ständig neue Funktionen und Darstellungen, die taz im Netz mit taz.de, der taz-Kommune auf Facebook, bei Instagram und Twitter erweitern ständig den Kreis der Community der taz-Lesenden, mit denen die Redaktion interagiert.
Mit neuen lebendigen journalistischen Formaten wie Podcast und Live-Berichten im Onlinedienst Periscope, wie neulich aus dem Hambacher Wald, nimmt die taz-Redaktion das Publikum näher mit an den Ort der Auseinandersetzungen. Und die Lesenden danken es uns mit dem stärksten Zuspruch unter den Angeboten: sie beteiligen sich freiwillig mit ihrem regelmäßigen Beitrag an taz zahl ich, dem einzigartigen solidarischen Bezahlmodell für den Journalismus der taz im Netz. Fast 15.500 Lesende leisten mittlerweile monatlich einen Beitrag von in der Regel zwischen 5 und 50 Euro, damit die taz ihre redaktionellen Beiträge für alle kostenlos im Internet zur Verfügung stellen kann. Das ist ein Zuwachs in Jahresfrist von 37 Prozent beziehungsweise 4.174 Lesenden, die den Wert der Leistung der Redaktion zu schätzen wissen, auch wenn keine Bezahlschranke den Zugang zu den Beiträgen behindert.
Keine Kostendeckung mehr
Bei aller Freude über die steigende Nachfrage bekümmert uns der anhaltende Verlust von Abos des einstigen Kernprodukts. Dabei registrieren wir keineswegs höhere Kündigungsraten als früher. Es kommen nur schlicht zu wenig neue Abos hinzu, weil sich die Lesegewohnheiten stark ändern, ein Prozess, der sich eher verstärkt als abschwächt.
Das konnten wir nicht einmal durch die sorgfältig erarbeitete Verbesserung des Layouts und der redaktionellen Angebote in der Zeitung im vergangenen Jahr nachhaltig ändern. In einigen Regionen sind die Aufwendungen für Transport und Zustellung der Zeitung mittlerweile so groß, dass mit dem Abopreis gerade mal noch Druck und Vertrieb bezahlt werden können, aber nichts mehr für die Deckung der Kosten der Redaktion übrig bleibt. Wir müssen ständig eine Realitätsprüfung bestehen und praktikable Wege finden, dem interessierten Publikum die Leistung der Redaktion liefern zu können. Denn nicht das Medium hat Priorität, sondern das, was darüber transportiert wird, der Journalismus der taz.
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