piwik no script img

Kolumne Aufgeschreckte CouchpotatoesDer Winter unseres Herzens

Edith Kresta
Kolumne
von Edith Kresta

„Es schneielet, es beie­let“ – für die Autorin Barbara Schaefer gibt es nichts Schöneres als den Winter. Sie hat ein Buch darüber geschrieben.

Es schneit. Na und? Foto: imago/blickwinkel

W eite Teile von Bayern und Österreich haben weiter mit heftigen Schneefällen zu kämpfen. Die Lawinengefahr bleibt hoch und könnte noch steigen. Weiter nördlich traten Flüsse über die Ufer. So die Nachrichten.

Schnee, Schnee und noch mal Schnee – es könnte der Winter unseres Herzens werden. „Eine Liebeserklärung“ an die starre, kalte Welt ist das Buch von Barbara Schaefer „­Winter“. Zugefrorene Seen, verschneite Wälder, und Skilaufen in eisigen Bergen verlocken sie zum Ausruf: „Gibt es Schöneres auf der Welt als den Winter?“

Grönland, Spitzbergen,der Norden Kanadas oder Skandinaviens – der Autorin und Reisejournalistin kann es nicht kalt genug sein: „Reisen in extreme Gegenden, unter extremen Bedingungen, lassen einen das Leben in einer Intensität spüren, die verlockend sein und süchtig machen kann“, schreibt sie.

Doch es zieht sie nicht nur gen Norden, auf den Spuren von Expeditionspionieren wie Fridtjof Nansen. Sie wandert auch über den gefrorenen Baikalsee, worauf sie sich und uns mit russischer Literatur einstimmt: „Der Schneesturm ist das bestimmende Element in der russischen Erzählung des Winters“, schreibt sie. Der Schneesturm ist allgegenwärtig.

Das Buch

Barbara Schaefer: „Winter. Eine Liebes­erklärung“. Edel Books, Hamburg 2018. 224 Seiten, 18 Euro

Barbaras Schaefers Leidenschaft für den Winter begann mit einem Kinderlied, das ihr die Großmutter sang. „Es schneielet, es beie­let, es gaht en chüele Wind. D’ Meitli leged d’ Händsche a und Buebe laufed gschwind. Es schneie­let, es beielet …“

Ihr Eintauchen in Winterwelten fragt auch, was Winter bedeutet, in Städten und Gebirgen. Sie interessiert sich für die Geschichte der Regionen und die Geschichten ihrer Bewohner. Wer hat eigentlich das Skifahren erfunden? Die Schweizer, so viel sei verraten, waren es auf jeden Fall nicht.

„Die Welt ist durchentdeckt. Aber umso reizvoller sind Gegenden, die nicht auf der Liste jener ,places to see before you die' stehen. Ich will zu Orten, die auf überhaupt keiner Liste stehen. Und am liebsten ist es mir, wenn es dort kalt ist und ich im Winter hinfahren kann. Meistens ist da nämlich noch weniger los.“

Reisen in extreme Gegenden, unter extremen Bedingungen, lassen einen das Leben in einer Intensität spüren, die süchtig machen kann.

Barbara Schaefer, Autorin

Im Villgratental in Osttirol beispielsweise. Seine Bewohner haben sich gegen die Erschließung durch Skilifte entschieden. Schaefer kontrastiert es mit dem Pitz- und dem Ötztal im Westen Tirols und zeigt die Differenz zwischen sanftem Winterurlaub und Pistenrummel.

Auch am Dienstag Schnee, melden die Nachrichten, in Österreich sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen, darunter drei Skifahrer aus Baden-Württemberg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Frau Schaefer sieht das wie ich: Eindeutig hat der Winter eine ästhetische Qualität, die besonders in seiner optischen (und auch akustischen und olfaktorischen) Reizarmut besteht. Die Landschaft einförmig weiß, nichts zirpt, jault oder zwitschert, nichts duftet und drängt sich gewaltsam der Wahrnehmung auf: In unserer Reiz-Trommelfeuer-Welt ist das wie ein Urlaub im Kloster. Es befähigt einen auch, nach und nach gewisse Dinge -- Landschaftsformen, Strukturen -- wahrzunehmen, die sonst unter der nervtötenden Schicht von Lebendigkeit verdeckt sind, in der alles und jedes um Aufmerksamkeit und den besten Platz an der Sonne wetteifert -- das ermüdet schon beim Zusehen. Ja, der Winter ist unsere Zeit. Innehalten, Zeitstillstand, Nachdenkraum.