Paarkomödie „Zwei im falschen Film“: Furztrockene Liebeskrisenbewältigung
Laura Lackmann hat mit „Zwei im falschen Film“ etwas leider sehr Seltenes geschafft. Sie hat eine gelungene deutsche Komödie gedreht.
Hans und Heinz (Marc Hosemann und Laura Tonke) gehen ins Kino. Als der Film, den wir sehen, beginnt, ist der Film, den sie sehen, gerade vorbei. Ihr hat es gefallen, scheint eine Hetero-Liebesgeschichte gewesen zu sein, er ist nicht so begeistert. Sie will beim Abspann sitzenbleiben, „aus Respekt“, er eigentlich nicht. Man sieht dann den Titel: „Zwei im falschen Film“. Vorher sah man, über die Schultern der beiden, bereits, dass das im Film, den sie sehen, auch Hans und Heinz sind, oder Laura Tonke und Marc Hosemann. Den beiden aber fällt das nicht auf.
„Zwei im falschen Film“ beginnt also ziemlich meta. Dabei ist Laura Lackmanns zweiter Spielfilm auf den ersten Blick nur wieder so eine Hetero-Liebesgeschichte, dann aber von Anfang an zugleich auch immer eine Reflexion auf die tausendundeine Hetero-Liebesgeschichten, die im Film (und anderswo) zuvor schon erzählt worden sind.
Allerdings ist „Zwei im falschen Film“, wie man sehr schnell begreift, eine Liebesgeschichte in der gar nicht so oft bespielten Subkategorie „Midlife-Crisis-Liebeskrisen-Film“: Zwischen Hans und Heinz, beide schon über vierzig, funkt es schon eine Weile nicht mehr. „Liebst du mich noch“, fragt sie, direkt, wie sie ist. Er zögert nicht lang und sagt „nein“, auch sehr direkt. Wie sollte er denn, man sei ja schon acht Jahre zusammen.
Was also anstehen könnte, wäre eine der von Stanley Cavell so genannten Wiederverheiratungskomödien. Was Laura Lackmanns Film vielleicht sogar ist. Verheiratet sind Hans und Heinz allerdings nicht. Was Heinz durchaus verdrießt, Hans aber nicht. Wie es dazu kam, dass Hans den Heinz immer Heinz nennt, obwohl der Heinz natürlich nicht Heinz heißt und womöglich gar nicht unbedingt Heinz genannt werden will, erfährt man nicht. Das hat sich so eingeschliffen, wie sich zwischen den beiden als Paar über die Jahre so manches eingeschliffen hat, das im Alltag keine*r von beiden mehr hinterfragt.
„Zwei im falschen Film“ (D 2017, Regie: Laura Lackmann). Die DVD ist ab rund 14 Euro erhältlich.
Der Alltag: Heinz ist Schauspielerin, hat sich aber, mangels anderer Jobs, aufs Synchronsprechen verlegt. Man sieht, wie sie eine sprechende und singende Zeichentrickampel synchronisiert. Schon okay, aber die Erfüllung aller Mädchenmorgen-Blütenträume ist es ganz sicher nicht. Und er ist so einer, der sofort davonläuft, wenn einmal etwas zu funktionieren beginnt. Hat einen Copyshop, gemeinsam mit einem Freund, lebt mit Heinz obendrüber, in einer Wohnung, die auch Büro ist, sehr poststudentisch, freundlich gesagt.
Extrarunde mit Tod und Alzheimer und schwulem Bruder
Laura Lackmann schickt die beiden und ihre Liebe in ihrem Film durch eine Art Wiederbelebungsparcours. Mit Reenactment der ersten Begegnung, schlauen Tipps der besten Freundin (nie gemeinsam aufs Klo!), Ausflug ins Liebeshotel, Kostümparty mit Karaoke-Gesang, Eifersuchtsszenen, pipapo. Der Erfolg ist erst mal eher na ja. Darum legt das Drehbuch noch eine Extrarunde mit Tod und Alzheimer und schwulem Bruder obendrauf, bleibt aber auch dabei so furztrocken wie es die tollen Laura Tonke und Marc Hosemann ohnehin die ganze Zeit sind.
Die Regie und die Kamera und der Schnitt verzichten ebenfalls auf jeden falschen romantischen Firnis, die Komik gibt eher Lizenz zu Tiefschlägen, als dass sie dazu da wäre, die Situationen und Problemlagen zu entschärfen. Angesichts dieser rundum sympathischen Nüchternheit ist so was wie ein Happy End mehr als erlaubt.
Am Ende haben Hans und Heinz schon wieder Sex, dabei sind noch gar keine zwei Monate seit dem letzten Mal rum. Und sie sind wieder im Film, diesmal nur Abspann. Muss jede*r selbst wissen, ob das nun der richtige ist. Dass „Zwei im falschen Film“ der rare Fall einer gelungenen deutschen Komödie ist, steht aber fest.
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