Mehrwegbecher für Kaffee in Bremen: Im Ökotrend

Viele nutzen beim Kaffee-to-go lieber Mehrwegbecher. Auch in Bremen ist das nun möglich. Ist das Problem der Einwegbecher wirklich so groß?

Pappbecher im Abfalleimer

Machen viel Müll: Coffee-to-go Pappbecher Foto: dpa

BREMEN taz | Für den „Kaffee zum Mitnehmen“ bekommt nun auch Bremen einen Mehrwegbecher. „Cup2date“ heißt das neue Pfandsystem, das Anfang der Woche mit gut 2.000 Bechern an den Start ging – unterstützt vom Senat. Weitere 2.000 Becher sind bereits im Umlauf.

Deutschlandweit entwickeln sich immer mehr solcher Mehrwegsysteme – anscheinend als Teil des gegenwärtigen Ökotrends. Expert*innen allerdings halten den Beitrag der Mehrwegbecher zum Klimaschutz zumindest unter CO2-Gesichtspunkten für begrenzt.

Während in Hannover eine Firma schon seit 2017 Mehrwegbecher anbietet, arbeiten Unternehmer*innen in Hamburg seit Anfang des Jahres an einem eigenen Pfandsystem. So auch in Bremen: Hier haben Lucian Suhrhoff und Walter Steinhauer im Januar „Cup2date“ gegründet. Sie studieren Betriebswirtschaftslehre und machen einen Master in Gründungsmanagement und Marketing.

Anlass für die Entwicklung des Mehrwegbechers seien die überfüllten Mülleimer gewesen, die ihnen täglich auf dem Weg zur Uni begegnen, erzählt Suhrhoff. „Am Hauptbahnhof ist es am schlimmsten. Überall liegen Becher rum, Mülleimer laufen über.“

Nadja Ziebarth, BUND Bremen

“Unter dem Aspekt des Ressourcen-Schutzes ist Mehrweg genau richtig“

13 Cafés und Bäckereien gingen im Januar mit den jungen Unternehmern in die Probephase, mittlerweile sind es über 40 Beteiligte. Suhrhoff und Steinhauer arbeiten noch an ihrem Konzept, haben sich dafür sogar ein Urlaubssemester genommen. Das Ziel: möglichst nachhaltig soll der Becher sein.

„Wir produzieren in Deutschland, um nicht mehr Emissionen als nötig in der Produktion zu erzeugen. Unsere Becher können außerdem bis zu 500 Mal genutzt werden“, erzählt Suhrhoff. Danach recycle der Hersteller die Becher und mache zum Beispiel Zahnbürsten aus dem Kunststoff.

Aber: Ist das Problem der Einwegbecher tatsächlich so groß, wie es die Aufmerksamkeit vermuten lässt? Zumindest bezogen auf die CO2-Emissionen lassen die Daten des Ingenieur*innenbüros „Tara Bremen“ daran zweifeln. Das Büro bilanziert CO2-Ausstöße in Industrie und Gewerbe.

Ein Einwegbecher, so die Berechnungen der Ingenieur*innen, verursache bis zu 100 Gramm CO2-Emissionen. Bei schätzungsweise 2,8 Milliarden Einwegbechern, die deutschlandweit jährlich verbraucht werden, ist das keine unproblematische Menge. Philipp Bruck, Ingenieur bei Tara Bremen, sieht jedoch an anderen Stellen einen weit größeren Handlungsbedarf – gleichzeitig aber weit weniger Handlungsbereitschaft.

Klimabelastung durch Fleischkonsum

„Es ist für das Klima weitaus entscheidender, was ich esse, als die Wahl des Kaffeebechers nach dem Essen“, so Bruck. Zum Beispiel verursache ein Fleischgericht rund 3,2 Kilo CO2. Vegetarische Gerichte lägen bei 1,1 Kilo CO2, vegane Gerichte sogar nur bei knapp 600 Gramm.

Der BUND begrüßt die Initiative trotzdem. „Natürlich gibt es in verschiedenen Bereichen noch deutlich mehr zu tun“, so Nadja Ziebarth vom BUND in Bremen. CO2-Bilanzen seien nicht das einzige Kriterium für ein gutes Umweltprojekt. „Unter dem Aspekt des Ressourcen-Schutzes ist das Engagement für Mehrweg in allen Formen genau richtig.“ Ziebarth fordert einen Ausbau der Pfandsysteme, etwa für Besteck und Verpackung von Take-Away-Essen. Das sieht auch „Cup2date“-Gründer Suhrhoff: „Zum Beispiel bei Eisbechern im Sommer – da könnte man einiges sparen.“

Das Land Bremen jedenfalls hat das junge Start-up-Unternehmen für sich entdeckt – und mit Aufdrucken auf 2.000 Becherexemplaren für finanzielle Unterstützung gesorgt. Das sind rund 3.000 Euro. „Wir verweisen auf unsere ‚17 Ziele für eine bessere Welt‘, von denen ja auch einige ökologischer Natur sind“, erzählt Ulrike Hiller (SPD), Staatsrätin für Europaangelegenheiten. Mit den Bechern wolle man nicht allein auf Nachhaltigkeitsanliegen hinweisen – sondern auch auf ihre Umsetzung hinwirken.

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