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Brasilien macht einen U-Turn

Die künftige Regierung unter Jair Bolsonaro hat angekündigt, sich aus dem UN-Migrationspakt prompt wieder zurückzuziehen

Aus Marrakesch Christian Jakob

Noch am Montag hatte Brasiliens Außenminister Aloysio Nunes beim UN-Gipfel in Marrakesch seine Zustimmung zum Migrationspakt bekundet. Nun ist klar: Dabei wird es nicht bleiben. Ernesto Araújo, designierter Außenminister des frisch gewählten rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro, twitterte in der Nacht auf Dienstag: Der UN-Pakt sei „ungeeignet“, um das Problem der Migration anzugehen. „Die Migration ist willkommen, doch darf sie nicht wahllos erfolgen.“ Brasilien werde sich aus dem Pakt zurückziehen, den mehr als 150 Länder auf dem Gipfel in Marrakesch erst am Montag angenommen hatten.

Bolsonaro wird den amtierenden Präsidenten Michel Temer am 1. Januar 2019 ablösen. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Dienstag in Marrakesch, die UN wüssten noch nichts von einem Rückzug. „Wir haben die offizielle Mitteilung erhalten, dass Brasilien dabei ist.“

Nunes hatte den Pakt in einer bewegenden Stellungnahme auf dem Gipfel gelobt. „Am Geburtstag der Menschenrechte verpflichten wir – die Regierungen der ganzen Welt – uns, die Sicherheit und die Rechte derer zu garantieren, die die Kontinente und Meere überqueren, um ein besseres Leben zu suchen“, sagte Nunes. Alle Staaten, die nach Marrakesch gekommen seien, eine die Vision, dass Menschenrechte und Entwicklung untrennbar seien, schloss Nunes.

Für Zwist hatte der Pakt auch in Belgien gesorgt. Die Vier-Parteien-Regierung von Ministerpräsident Charles Michel war am Sonntag an der Diskussion über den Pakt zerbrochen. Michel reiste dennoch nach Marrakesch, um seine Zustimmung zu erklären. Manche hätten den Pakt genutzt, um „Lügen zu verbreiten, Ängste zu wecken und Selbstsucht zu fördern“, sagte er. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich die Vorstellung durchgesetzt, dass „jeder als Mitglied der menschlichen Gemeinschaft Verantwortung und Rechte“ trage. Belgien habe deshalb entschieden, „heute auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen“.

Solche Töne, die gleichzeitig auf den Zweiten Weltkrieg und auf den heutigen Rechtspopulismus in Europa verweisen, waren auf dem UN-Gipfel, der am Montag begann und bis Dienstagabend andauerte, viel zu hören. Das Treffen fiel zufällig auf den 70. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. „Ein doppeltes Date mit der Geschichte“, nannte dies der Gastgeber, Marokkos Außenminister Nasser Bourita. Viele Redner bemühten sich, Parallelen zwischen beiden Dokumenten zu ziehen: Der Pakt sei „der beste Tribut, den wir den Menschenrechten zum Siebzigsten zollen können“, sagte die Präsidentin der UN-Generalversammlung, die Ecuadorianerin María Espinosa Garcés.

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