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Steffen Grimberg Flimmern und RauschenWeihnachtswerbung mit einem Herzen für Äffchen ist zu politisch für Britannien

Foto: Regentaucher

Auch wenn es noch sechs Wochen hin ist: Die Gänge der Supermärkte sind wieder verlässlich mit Lebkuchenkartons und Nikolausis in allen Größen und Geschmacksrichtungen zugestellt, es gibt Adventskalender für Katzen, und meine Mitbewohnerin kam vor ein paar Tagen mit Marzipankartoffeln heim. Klarer Fall: Weihnachten naht.

Wenn hierzulande eins noch fehlt oder sich erst langsam entwickelt, ist es die angemessene TV-Werbung. Nicht der allfällige Abverkaufscheiß mit Schleifchen. Sondern was in Großbritannien Klein und Groß ebenfalls schon seit Wochen in Wallung hält. Forget Brexit, was das Vereinigte Königreich wirklich beschäftigt, ist die Frage, ob die diesjährige John Lewis Christmas Ad wirklich in Teilen geleakt wurde.

Die als Genossenschaft (hallo, KollegInnen!) organisierte Kaufhauskette hatte den Trend vor rund zehn Jahren losgetreten: Aufwendig produzierte längere Clips mit Botschaften rund um den Ansatz „Alles wird gut, wenn wir uns nur lieb haben“, untermalt mit gefühliger Muzak bekannter Künstler. Echte „Tearjerker“ eben, die es gar nicht nötig haben, schnöde Produkte zu bewerben, sondern die irgendwie klar machen, dass man Weltfrieden, Glücklichsein, heile Familien und Liebe zwar auch nicht so direkt bei John Lewis kaufen kann, aber verdammt nah dran ist. Vergangene Woche sorgte nun ein angebliches Leak der 2018er-Kampagne für Furore, komplett mit Elton John und „Rocket Man“ als angeblichem Coversong. War aber bloß ein Privatradio-DJ, der auch Klavierspielen kann.

Noch viel aufregender ist in diesem Jahr aber die Supermarktkette Iceland, die von sich medial reden macht. Iceland, nomen est omen, ist auf Tiefgekühltes spezialisiert. Entsprechend wenig Schmelz hatte bislang auch die frostige Iceland-Werbung. Doch Weihnachten 2018 sollte alles anders sein: Ein Orang-Utan-Kind hatte sich bei einem kleinen Mädchen im Kinderzimmer einquartiert und für munteres Chaos gesorgt. „Warum zerstörst du mein Zimmer“, fragt das kleine Mädchen in Reimform (und mit der Stimme von Emma Thompson). „Weil ihr Menschen meine Welt zerstört“, reimt das Äffchen im englischen Original zurück – Iceland will nämlich bei Eigenmarken künftig auf das böse Palmöl verzichten, für das man den Regenwald des kleinen Orang-Utans abholzt.

Allerdings hat jetzt der Branchenverband Clearcast die Anzeige gestoppt: Weil sie ursprünglich auf dem Mist von Greenpeace gewachsen ist, gilt das Ganze als „politische Werbung“. Und die ist im britischen TV, von Wahlwerbung abgesehen, verboten. Tut dem Anliegen und Iceland keinen Abbruch, viral geht das Ding ab wie Schmitz Schimpanse. Und wetten, dass es bei John Lewis dieses Jahr länger dauert, weil sie jetzt auch unbedingt was mit Affenbabys …

Steffen Grimberg, Medienprofi (früher taz, NDR und ARD, jetzt MDR), bringt jeden Mittwoch Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt

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