Lagebericht des Auswärtigen Amts: Verheerende Lage in Syrien
Das Auswärtige Amt berichtet in einem internen Lagebericht von Folter in Syrien – und warnt indirekt vor Abschiebungen.
Berlin taz | Das Auswärtige Amt zeichnet in einem aktuellen Lagebericht ein düsteres Bild von der Situation in Syrien. Das von Präsident Baschar al-Assad geführte Regime schränkt die Menschenrechte demnach brutal ein, zurückkehrende Flüchtlinge sind großen Gefahren ausgesetzt. Das geht aus dem 28-seitigen Bericht hervor, der als vertrauliche Verschlusssache eingestuft ist – und der der taz vorliegt.
Der Bericht dürfte die Diskussion über Abschiebung in das vom Bürgerkrieg versehrte Land beeinflussen. Landesinnenminister von CDU und CSU haben angeregt, zumindest Straftäter und Gefährder nach Syrien abzuschieben – und den noch bis Dezember geltenden Abschiebestopp aufzuheben. Die Innenministerkonferenz, die kommende Woche in Magdeburg tagt, soll sich mit diesen Vorschlägen befassen.
Doch der interne Lagebericht lässt wenig Zweifel daran, dass Abschiebungen rechtswidrig wären. Obwohl die syrische Verfassung und das syrische Strafrecht Folter verböten, „wenden Polizei, Justizvollzugsorgane und vor allem Sicherheits- und Geheimdienste systematisch Folterpraktiken an, insbesondere gegenüber Oppositionellen oder Menschen, die vom Regime als oppositionell eingestuft werden“, heißt es darin. Frauen würden an Grenzübergängen und Kontrollstellen von syrischen Militärs vergewaltigt. Männer und sogar Kinder würden zum Militärdienst gezwungen.
Rückkehrer gelten als feige und fahnenflüchtig
Auch Familienangehörige von Leuten, die von dem Regime als feindlich angesehen würden, würden gefoltert. „Folter macht in Syrien auch vor Kindern nicht halt.“ Im Mai 2011 habe das Regime den Leichnam eines 13-jährigen Jungen an seine Familie in der Stadt Daraa übergeben, der schwere Prellungen, Quetschungen, Brandmale, verstümmelte Genitalien und drei Schusswunden aufwies.
Der Bericht weist in Syrien seit 2011 über 13.000 bestätigte Todesfälle nach Folter aus. Die Gefahr körperlicher und seelischer Misshandlung, inklusive sexueller Gewalt, sei in den Verhöreinrichtungen der Sicherheitsdienste „besonders hoch“, heißt es darin weiter. Zu jenen hätten weder Anwälte noch Familienangehörige Zugang.
Zurückkehrende Geflüchtete sind laut dem Bericht hohen Risiken ausgesetzt. Den regimenahen Sicherheitsbehörden und Teilen der Bevölkerung „gelten Rückkehrer als Feiglinge und Fahnenflüchtige, schlimmstenfalls sogar als Verräter beziehungsweise Anhänger von Terroristen.“ Immer wieder seien Rückkehrer, besonders die angeblich regimekritischen, „erneuter Vertreibung, Sanktionen beziehungsweise Repressionen bis hin zu Gefährdung für Leib und Leben ausgesetzt“.