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Die gehörnte Staatsgewalt

Als erste Polizeieinheit hat die Bremer „Alarm-Hundertschaft 14 20“ einen Teufel als Symbol gewählt. Sein erhobener Schlagstock soll die Kollegen im Getümmel füreinander erkennbar machen. Der Polizeipräsident ist darüber nicht amüsiert

Bremen taz ■ Was konnte man auf der „Vision Parade“, der wild wummernden Techno-Bildungsveranstaltung, nicht alles lernen: Dass Polizei-Oropax grün ist. Neongrün. Außerdem: Dass Bremens Ordnungshüter einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben, zumindest symbolisch. Das ist kein Witz.

Seit der Neuaufstellung der so genannten Alarm-Hundertschaft (AHS) vor wenigen Wochen – sie soll bei Großeinsätzen als geschlossene Einheit agieren – trägt ein Teil der KollegInnen eine rote Teufelsabbildung an der Uniform. Nur handtellergroß, auf dem Stoff des schlichten, hausmeistergrauen Uniform-Overalls aber bestens sichtbar. Auf dem linken Ärmel prangt wie gewohnt das Staatswappen, der von zwei Löwen flankierte Bremer Schlüssel, auf dem rechten der Teufel mit erhobenem Schlagstock.

Die Polizei – dein teuflischer Helfer? „Aber nein“, beruhigt Polizeipressesprecher Ronald Walter. Es handele sich um ein „zuginternes Erkennungszeichen“. Wenn es mal hoch her gehe und die Helme aufgesetzt würden, müsse man seine Zug-Kollegen innerhalb der Hundertschaft schließlich gut erkennen können.

Freilich erkennt auch jeder normale Bürger den Teufel als solchen, ohne sich über polizeitaktische Interna im Klaren zu sein. Beim Bundesinnenministerium ist man angesichts dieser Nachricht aus der Provinz „im Moment sprachlos“ – kann aber auf die Zuständigkeit der Innenministerkonferenz der Länder verweisen. Dort hat derzeit Baden-Württemberg den Vorsitz. „Mir persönlich wär‘ das ziemlich wurscht“, sagt der zuständige Sprecher. Offiziell will er die Uniformgestaltung der Bremer Kollegen „nicht bewerten“, vergleichbare Fälle seien ihm nicht bekannt. Rechtlich hält er den Teufel für „nicht relevant“.

Andere Fachleute sehen das kritischer. Der Sektenbeauftragte der Bremer evangelischen Kirche, Pastor Clemens Hütte, hält Satanssymbolik auf Polizeiuniformen für „ziemlich unpassend“. Ein harmloses Teufelchen sei möglicherweise „Geschmackssache“ – so lange keine Zeichen wie Pentagramme oder umgedrehte Kreuze verwendet würden. Hütte geht davon aus, dass der polizeiliche Teufel „nicht das Ergebnis einer religiösen Reflektion“ ist, sondern schlicht als Bild eines „starken, bösen Wesens“ gewählt wurde.

Nach Auskunft des Bremer Präsidiums können die internen Kommunikations-Abzeichen selbstständig von den jeweiligen Zugführern ausgewählt werden. Nur gelangen dafür in der Regel rein grafische Symbole wie eine Punktereihe und dergleichen zur Anwendung – keine konkreten Symbole. Der Polizeipräsident ist von dieser ihm bis dato unbekannt gewesenen Innovation nicht amüsiert: Eckard Mordhorst zeigte sich entsprechend „überrascht“ und ließ umgehend eine Arbeitsgruppe einrichten, die nun die Erkennungszeichen der einzelnen Züge überprüft. Dass die Bremer ASH 14 20 möglicherweise als bundesweit erste Polizeieinheit in die Geschichte eingeht, die den Teufel als Bestandteil einer Polizeiuniform einführt, ist ihm offenbar unangenehm.

Aus dem Bremer Innenressort, der vorgesetzten Behörde, heißt es auf Nachfrage: „Kein Kommentar“. Henning Bleyl

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