Der Wochenendkrimi: So spannend wie Polizeiwerbung
Korruption im Polizeiapparat ist eines der ergiebigsten und schwierigsten Krimithemen überhaupt. Die Grenze zwischen Gut und Böse verschiebt sich konstant, das verstört die Zuschauer, macht sie aber auch aufmerksam. Für diesen SWR-„Tatort“ wurde der Frontverlauf noch mal verkompliziert, indem die Kommissarin zur Geisel eines Exkollegen wird, der eigentlich für die gerechte Sache kämpft.
Luis Münchau (Axel Pape) wurde vom Dienst beim Landeskriminalamt suspendiert, weil er während eines Verhörs einen Verdächtigen verprügelt hat. Nun arbeitet er als Privatdetektiv. Nach einer Schießerei wird er verhaftet, kann sich aber befreien und bringt Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) in seine Gewalt. Während der Flucht erzählt Münchau von Verstrickungen zwischen der Kripo und der Mafia. Fortan versuchen die beiden gemeinsam, die vorbildlich agierende Ludwigshafener Polizei auszutricksen.
Doch auch wenn sie einfallsreich den Abtrünnigen in den eigenen Reihen immer wieder ein Schnippchen zu schlagen versuchen (unter anderem als türkisches Ehepaar verkleidet) – die biedere Dramaturgie unterwandert immer wieder das Anliegen dieses ambitionierten „Tatorts“. Die Handlung ist vorhersehbar, die Figuren besitzen keine Tiefe. Als Action-Movie ist „Ohne Beweise“ (Buch: Martin Pristl, Regie: Jürgen Bretzinger) zu lendenlahm, als Verschwörungsszenario zu eindimensional.
Am Ende gratuliert Odenthals Chef seiner Ermittlerin mit den Worten: „Schutzgelderpressung ist in Ludwigshafen jetzt ein Fremdwort.“ Und der kleine Sohn des rehabilitierten Exermittlers darf einmal im Polizeihubschrauber über die gesäuberte Stadt fliegen. Ein Korruptionsthriller, so unheimlich und so verstörend wie ein Werbefilm der Polizei. CHRISTIAN BUSS
„Tatort: Ohne Beweise“ (ARD, 20.15 Uhr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen