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Kritik an Red Bull Music AcademyDer Kopf gehört zum Körper

Das Label Live from Earth beendet seine Kooperation mit der Red Bull Music Academy. Grund sind die politischen Aktivitäten von Red Bull-Chef Mateschitz.

Die Music Academy in Berlin: „Ein Traum für Studenten“ Foto: Unsplash/Christian Spies

Wie viele KollegInnen habe ich in der Vergangenheit für Red Bull gearbeitet. Nette Leute, gute Honorare, interessante Jobs. Ja, es gab spitze Bemerkungen von Freunden: Brause­club RB Leipzig, Kommerzialisierung des Fußballs, Ausverkauf …

Ich fand diesen romantischen Antikapitalismus ausgerechnet im Profifußball eher regressiv. Meinen letzten Red-Bull-Job hatte ich 2013, da war noch nichts bekannt von den politischen Aktivitäten des Firmenchefs Dietrich Mateschitz, über die an dieser Stelle vor einer Woche berichtet wurde: Hetze gegen Geflüchtete, Lügenpresse-Diskurs, Unterstützung von ­Rechtspopulisten. Wenn einer der reichsten Männer Österreichs – einem EU-Mitgliedsland, das von einer Koalition aus Rechten und Rechtsaußen regiert wird –, sich 2018 so positioniert, hat das eine andere Tragweite als Wettbewerbsverzerrung im Profisport. Da muss ich mich fragen: Kann ich für so eine Firma arbeiten?

Aber halt! Im vieldiskutierten taz-Artikel ging es nicht um Red Bull, sondern um die Red Bull Music Academy (RBMA). Die von verdienten Popaktivisten geleitete Plattform, die sich bei KünstlerInnen großer Beliebtheit erfreut. „Tolle Sache“, sagt Gudrun Gut vom feministischen Label Monika. „RBMA hat einen sehr guten Ruf, was die Künstlerauswahl betrifft, die Akademie in Berlin ist ein Traum für einen Studenten.“ Würde Gudrun Gut angesichts der rechten Umtriebe von Mateschitz noch mit der RBMA zusammenarbeiten? „Die rechten Aktivitäten spiegeln sich nicht in der Arbeit der RBMA. Aber ich bin mir nicht sicher, wie ich jetzt reagieren würde.“

Das Einmaleins des Kapitalismus

RBMA profitiert von der prekären Lage vieler KünstlerInnen, bei denen erst das Fressen kommt und dann die Moral, was auch das beredte Schweigen zum Thema erklärt. Aktuell reagiert hat dagegen Live From Earth. Das Berliner Label, das etwa den gefeierten Wiener Rapper Yung Hurn vertritt, sollte die Abschluss­party des Red Bull Music Festivals am heutigen Freitag kuratieren. Diesen wohldotierten Job hat Live From Earth gestern gecancelt. Angesichts des boomenden Rechtspopulismus müs­se man die Kooperation mit RBMA kritisch betrachten, „besonders im Zusammenhang mit dem Mutterkonzern Red Bull“ und seinem CEO Mateschitz.

Dass man die Arbeit einer Tochterfirma nicht losgelöst vom Mutterkonzern beurteilen kann, das gehört zum kleinen Einmaleins des Kapitalismus. Umso erstaunlicher, dass viele integre, politisch wache KünstlerInnen und AutorInnen plötzlich nicht mehr bis drei zählen können. Oder wollen. Sie bemerken keine „Verknüpfung“ der Red Bull Academy mit der Politik des Red-Bull-Chefs. Kein Imagetransfer? Kein Kultursponsoring zu Werbezwecken? Kein Whitewashing durch subkulturelle Credibility? Ebenso gut könnte man behaupten, Google Earth habe nichts mit Google zu tun.

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