: Ein sehr kleiner Gruß aus der Küche
Sushi mit nur einem Reiskorn, Schokofondue überm Teelicht, dazu zwei Tropfen Tee im Miniaturglas: im Internet wird Essen zelebriert, das in Puppenküchen gekocht wird
Von Michael Brake
Meine Mutter besitzt einen Puppenherd, er hatte schon ihrer Oma gehört. Sie bekam ihn als Kind zu Weihnachten, und als sie ihr Gedicht aufsagen sollte, kochte das Wasser über. Der Miniherd funktioniert nämlich, er wird mit Holzkohle befeuert und kann sehr heiß werden. Meine Mutter machte sich Rühreier damit und Plätzchen
Heute, wo selbst Rabummellaternen von LEDs anstelle von Teelichtern erleuchtet werden, sind funktionierende Puppenherde für Kinder nur schwer denkbar. Was da alles passieren kann! Und so erscheint es umso rührender, was unter dem Namen „Miniature Cooking“ oder „Kawaii Cooking“ seit einigen Jahren im Internet passiert.
Begonnen hatte das Ende 2014 in Japan, wo ein junger Mann auf dem YouTube-Kanal „Miniature Space“ Videos von der Zubereitung von Kaffee oder Pommes mit Puppenküchenutensilien hochlud. Mit der Zeit wuchs rund um seinen Herd – der übrigens aus dem Erzgebirge stammt – eine immer liebevoller eingerichtete Küchenlandschaft, ausgestattet mit Profi-Equipment (Minimesser für 70 Euro), auch die Gerichte wurden immer komplexer: Apfelkuchen, Ramensuppe, Spaghetti Carbonara, ja sogar Minisushi mit einem Reiskorn pro Nigiri. 2,6 Millionen Abonnenten hat „Miniature Space“ heute.
Nachahmer gibt es viele, etwa in Istanbul: Hier kocht ein Ehepaar Klassiker der türkischen Küche en miniature: Kebap, Baklava, gefüllte Weinblätter. Bis ins türkische Fernsehen hat „Mini Türk Mutfaği“ es geschafft.
Die Filme faszinieren. Dank ihrer Niedlichkeit, ihrer Liebe zum Detail, ihres Erfindungsreichtums. Wie soll das denn bitte klappen?, fragt man sich immer wieder. Und dann klappt es einfach. Magisch!
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