Kreuzfahrt-Boomtown Bremerhaven: Mehr Schiffe und mehr Dreck
Von der wachsenden Kreuzfahrtbranche profitiert auch Bremerhaven: 110 Schiffe haben in diesem Jahr an der Columbuskaje angelegt.
Die aktuellen Zahlen freut die Wirtschaftsbehörde: „Bremen engagiert sich stark für den Ausbau des Kreuzfahrttourismus“, sagt Karen Schuster vom Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen. Doch was gut für die Wirtschaft ist, ist meist schlecht für die Umwelt: Kreuzfahrtschiffe werden nicht nur immer mehr, sondern auch immer größer. Die mit dem Bau von Kreuzfahrtschiffen beauftragten Werften in Deutschland sind bis zum Jahr 2025 mit Aufträgen komplett ausgebucht.
Die Schiffe selbst, obwohl viele inzwischen mit Schwefelfiltern und Katalysatoren aus- oder nachgerüstet worden sind, gelten als Dreckschleudern, sie werden mit umweltschädlichem Schweröl betrieben. Beim Anlaufen der Häfen müssen sie zwar auf den weniger schadstoffreichen Marinediesel umschalten, emittieren aber auch während der Liegezeit im Hafen schädlichen Feinstaub und Stickstoffoxide – selbst wenn die Hauptmaschine nicht läuft. Denn dann produzieren die Schiffe ihren für den Hafenbetrieb benötigten Strom durch Hilfsmotoren und Generatoren selbst.
Eine Lösung können Landstromanlagen sein – das Kreuzfahrtterminal in Hamburg-Altona hat seit einem Jahr eine in Betrieb. Allerdings: „Kreuzfahrtschiffe haben einen unglaublichen Strombedarf“, sagt Michael Bürger, Leiter des Referats Immissionsschutz im Bremer Umweltressort. „Das ist wie ein kleines Dorf.“
Michael Bürger, Leiter des Referats Immissionsschutz im Bremer Umweltressort
Das CCTB verfügt über keinen Landstromanschluss – und das soll laut Hafenbetreiber Bremenports auch so bleiben. Stattdessen sei LNG, also Flüssiggas, der Kraftstoff der Zukunft. Bislang wird mit der AIDAnova ein einziges Kreuzfahrtschiff mit LNG betrieben – weitere sollen folgen. Beim Neubau der Columbuskaje ab dem Jahr 2021, in den das Land Bremen insgesamt 80 Millionen Euro investiert, soll daher auch die Versorgung der Schiffe mit LNG berücksichtigt werden.
Die Feinstaubbelastung für die BewohnerInnen in Bremerhaven seien ohnehin nicht vergleichbar mit jenen in der Hamburger Hafencity, sagt Michael Bürger vom Umweltressort: „Dort ist das Kreuzfahrtterminal ja mitten in der City. In Bremerhaven ist der Terminal 600 Meter von der nächsten Wohnbebauung entfernt.“ Die Belastungen, vermutet er, seien für die BremerhavenerInnen gering bis irrelevant.
Die Luftmessstation in der Hansastraße etwa misst die Emissionen des Hafengebietes. „Wenn da ein Autotransporter in Richtung Kaiserhafen vorbeidampft, gibt es für eine Minute mal Belastungsspitzen, die aber auf den Tag gesehen keinen Einfluss haben“, sagt Bürger.
Wie hoch die Belastung in Bremerhaven wirklich ist, soll jedoch ab dem kommenden Frühjahr geprüft werden: Dann will das Umweltressort eine mobile Messstation für Feinstaub und Stickoxide direkt an der dem Hafen nächstgelegenen Wohnbebauung aufstellen und auch die Verteilung der Schadstoffe über das Stadtgebiet detailliert berechnen.
Bremerhaven ist nach Rostock, Hamburg und Kiel der viertgrößte Kreuzfahrt-Terminal in Deutschland. In der Hauptsaison zwischen April und September laufen teilweise zwei bis drei Schiffe gleichzeitig an. Die Kreuzfahrtziele liegen hauptsächlich in Norwegen, Großbritannien oder via Nord-Ostsee-Kanal in Richtung Ostsee und Baltikum.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin