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Spott und Wutüber Vietkong-Ente

Ein Bericht über ein angeblich von Aktivisten gebautes Tunnelsystem sorgt für Unruheim Hambacher Forst. Am Wochenende ging der Protest gegen die Waldrodung weiter

Generationenfoto gegen Waldrodung: Familien-Protest im Hambacher Forst Foto: Malte Kreutzfeldt

Aus dem Hambacher ForstMalte Kreutzfeldt

Es klang nach der ganz großen Enthüllung. Im Hambacher Forst habe die Polizei „ausgeklügelte Tunnelsysteme“ entdeckt, meldete die Rheinische Post am Samstag. Diese dienten vermutlich als „Schmuggelroute, um Waffen und Krawallmacher in den Forst zu bringen“, schrieb das Blatt unter Berufung auf eine anonyme Polizeiquelle. „Die Tunnel erinnern an die unterirdischen Anlagen während des Vietnamkriegs“, soll dieser gesagt haben. Das wäre ziemlich erstaunlich. Das berühmte Tunnelsystem der Vietcong hatte eine Länge von 200 Kilometern auf drei Ebenen und enthielten unterirdische Schulen und Krankenhäuser. So etwas haben also die rund 100 Besetzer des Hambacher Forstes gebaut, ohne dass davon bisher jemand irgendetwas mitbekommen hat?

Nein, das haben sie wohl nicht. Zumindest weiß die Aachener Polizei, die für alle Einsätze im Hambacher Forst verantwortlich ist, davon nichts. „Uns liegen bislang keine Erkenntnisse über solche Tunnelsysteme vor“, erklärte Pressesprecher Paul Kemen der taz. Beim Einsatz in der vergangenen Woche seien „einzelne Erdlöcher und unterirdische Depots“ gefunden und mit Beton gefüllt worden. Auch aus dem Innenministerium Nordrhein-Westfalen hieß es, es lägen keine Informationen über Tunnelsysteme vor.

Doch wie kam es zu der dramatischen Meldung? Die Rheinische Post reagierte nicht auf eine Nachfrage nach Belegen für die von ihr zitierten Aussagen. Abgedruckt wurden eine angebliche Polizeiskizze zu einem einzelnen, etwa sechs Meter langen Tunnel, der eine zwei Quadratmeter große Erdhöhle mit einem runden Schacht verbindet. Antje Grothus, die für die Bürgerinitiative Buirer für Buir in der Kohlekommission der Bundesregierung sitzt und die Proteste vor Ort beobachtet, vermutet, dass es sich dabei um einen Tunnel handelt, der schon vor Jahren entdeckt und verfüllt wurde. Das wurde der taz am Sonntag von der Polizei Aachen und dem NRW-Innenministerium bestätigt. Es handele sich demnach um einen Tunnel, der bereits im Jahr 2012 geräumt und verfüllt wurde. AktivistInnen reagierten teils mit Wut, teils mit Spott auf die Meldung über die Tunnelsysteme. Die Behauptungen seien „weit jenseits von erstunken und erlogen“ und sollten offenbar dazu dienen, die „völlig überzogenen Maßnahmen der letzten Wochen zu rechtfertigen“, schrieb ein Baumbesetzer auf Twitter. Andere veröffentlichten eine Karte mit Tunneln vom Hambacher Forst bis ins Hamburger Autonomenzentrum „Rote Flora“ und nach Kurdistan. Antje Grothus sprach von „skandalöser Stimmungsmache“ gegen die GegnerInnen.

Am Samstag kamen zahlreiche Familien mit kleinen Kindern in den Wald. Mit einem „Generationenfoto“ unterhalb der Baumhäuser appellierten sie, den Wald und das Klima zu erhalten.

„Skandalöse Stimmungsmache“

Antje Grothus, Bürgerinitiative Buirer für Buir

Ansonsten war die Lage entspannt. Zum „Wochenende des Widerstands“, das ausgerufen worden war, nachdem RWE die ersten Bäume gefällt sowie Küchen und Lager unterhalb der Baumhäuser geräumt hatte, kamen am Freitag und Samstag jeweils rund 100 Menschen in den Wald. Am Sonntag nahmen den Angaben nach über 1.000 Menschen an einem Protest-„Waldspaziergang“ teil.

Weil sich weder Polizei noch RWE im Wald sehen ließen, fielen die angekündigten ­Blockadeaktionen aus. Stattdessen gab es Klettertraining, es wurden neue Barrikaden auf den Zufahrtsstraßen errichtet, und die Infrastruktur unterhalb der Baumhäuser wurde repariert.

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