Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Einer der besten Pixar-Animationsfilme der letzten Jahre ist „Alles steht Kopf“(2015), in dem Pete Docter und sein Koregisseur Ronnie del mit fantastischem Timing die Geschichte der elfjährigen Riley und ihrer Gefühlswelt erzählen. Dabei verleihen sie den Gefühlen in Rileys Kopf verschiedene Körper, stellen ihre Denkprozesse als irren Trip durch wie Spielautomaten aussehende Teile des Gehirns dar und setzen die menschliche Persönlichkeit aus ebenso fragilen wie surrealen Jahrmarktinseln zusammen. Während Rileys Emotionen wegen eines Umzugs durcheinandergewirbelt werden, unternehmen die stets positiv gestimmte Freude und ihre lethargisch-traurige Kollegin Kummer auf der Suche nach dem Langzeitgedächtnis eine faszinierende Reise durch die Tiefen von Rileys Bewusstsein. Die Doppelhelix als Treppengeländer ist dabei ein ebenso brillanter Einfall wie die plötzlich auftretende Dekonstruktion der Figuren, die eine gefährliche Abkürzung nehmen und ins abstrakte Denken geraten (10. 8., 16 Uhr, 11. 8., 15 Uhr, 12. 8., 14.30 Uhr, Sputnik am Südstern).
„Falsche“ Anschlüsse, natürliches Licht und ein Hauptdarsteller, der sich plötzlich direkt an die Kinozuschauer wendet: Die formalen Neuerungen von Jean-Luc Godards „Außer Atem“ (1960) erschienen den Zeitgenossen damals durchaus verwunderlich. Was die Leute jedoch wirklich aufregte, war die Amoral des Helden (Jean-Paul Belmondo), der beiläufig einen Polizisten erschießt und ansonsten mit der Amerikanerin Patricia (Jean Seberg) durch die Betten tollt. Auswirkungen auf die Kriminalstatistik hatte Godards Pariser Gangster-Reflexion nun allerdings nicht: Lediglich der Kurzhaarschnitt von Jean Seberg entwickelte sich zum Moderenner der damaligen Saison (OmU, 15. 8., 19.30, Arsenal 2).
Die von jeweils einem ihrer getrennt lebenden Elternteile aufgezogenen Zwillingsschwestern Lotte und Luise lernen sich erstmals zufällig in einem Feriencamp kennen und können ihre Verwandtschaft kaum übersehen. Was allerlei Fragen aufwirft. Schnell reift ein Plan heran: Lotte wird sich beim Vater als Luise ausgeben, entsprechend wird Luise bei der Mutter die Rolle Lottes übernehmen. Die jüngste Verfilmung von Erich Kästners Kinderroman „Das doppelte Lottchen“ entstand 2016 als erfreulich unpeinliches, nur behutsam modernisiertes Projekt mit stimmigen Dialogen und zwei sehr natürlich agierenden Hauptdarstellerinnen: Die charmanten Zwillingsschwestern Mia und Delphine Lohmann sind ein wirklicher Aktivposten, auf den sich Regisseur Lancelot von Naso hier gern verlässt (11. 8.–12. 8., 16.15 Uhr, Tilsiter Lichtspiele).
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