: Vorbereiten auf die Flucht
In Brandenburg gab es 14 Hachschara-Standorte.Jüd*innen bereiteten sich hier auf die Ausreise nach Palästina vor. Bis Nazis ihre Pläne durchkreuzen
Auf den Hachschara-Landgütern bereiteten sich deutschlandweit insgesamt rund 3.500 jüdische Jugendliche vor allem ab den 1930er Jahren auf eine Ausreise nach Palästina vor. Heute wird diese Bewegung als Aktivismus und Versuch zur Selbsthilfe der jüdischen Bevölkerung angesehen (siehe Text oben).
Im damaligen Brandenburg gab es besonders viele Hachschara-Landgüter, insgesamt 14. Neben Neuendorf u. a. auch in Ahrensdorf bei Trebbin, bei Eberswalde, in Kolkwitz, in Havelberg, in Rüdnitz bei Bernau und in Schniebinchen im heutigen Polen, außerdem eines in Berlin-Niederschönhausen (siehe Grafik). Auch in Hamburg gab es viele Hachschara-Ausbildungsstätten, vereinzelt befanden sich Landgüter in Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und im heutigen Nordrhein-Westfalen.
Das brandenburgische Landwerk Neuendorf, 1932 gegründet, war eines der ältesten. Die Nazis verboten und schlossen die Hachschara-Güter im Jahr 1941. In Brandenburg blieb nur Neuendorf und wurde zu einem Zwangsarbeiter- und Sammellager. 1943 wurden alle, die noch dort lebten, nach Auschwitz oder Theresienstadt deportiert.
Dass an die Geschichte der Hachschara erinnert wird, ist privaten Initiativen zu verdanken. In Trebbin haben Forschungen von Herbert und Ruth Fiedler dazu geführt, dass das Wissen über die Menschen, die dort lebten, erhalten geblieben und nun im Kreisarchiv verfügbar ist. Im Schulgebäude gibt es eine kleine Ausstellung über das Landwerk Ahrensdorf. Auf dem Landgut Ahrensdorf spielt auch der 2014 erschienene Roman „Ein Sommer in Brandenburg“ von Urs Faes. Aus dem Buch ist ein Theaterstück entstanden, das am 31. August in der Paretzer Scheune in Paretz (Havelland) uraufgeführt wird.
In Neuendorf hat der Verein Kulturscheine Neuendorf 2017 eine Ausstellung konzipiert und vor Ort gezeigt. Ab 2. Oktober wird sie im Potsdamer Landtag zu sehen sein. Das Denkmal an der Zufahrt zum Neuendorfer Gutshof (siehe Text links) wurde am 21. Juni eingeweiht.
Das Land Brandenburg begrüßt private Initiativen für die Geschichte der Hachschara-Landgüter. „Die verschiedenen Erinnerungsorte zur ‚Hachschara‘ wurden als wichtige Orte jüdischen Lebens sowie später der NS-Verfolgung bereits bei der Erstellung des zeitgeschichtlichen Konzepts der Landesregierung ‚Geschichte vor Ort‘ berücksichtigt“, teilt das zuständige Ministerium mit. Das Land habe „die inhaltliche Erschließung“ mit Kulturprojektförderungen zur Weiterentwicklung dieser Orte bisher gefördert und dies sei auch in Zukunft weiterhin möglich.
Uta Schleiermacher
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen