: Notbremse für Kabeljau und Hering
Wissenschaftler empfehlen für nächstes Jahr drastische Reduzierung beim Fischfang in Nord- und Ostsee
Von Sven-Michael Veit
Dem Kabeljau in der Nordsee geht es schlecht. Das finden die Wissenschaftler des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES), welche die EU bei der Festlegung von Fangquoten berät. Deshalb empfehlen sie für 2019 eine Reduzierung der Fangquoten um 47 Prozent. Damit drohen den Kabeljau-Fischern deutliche Einschnitte.
Zweifel an der Qualität der wissenschaftlichen Bestandsschätzung äußert umgehend der Deutsche Fischereiverband (DFV) in Hamburg. Gegenüber den Prognosen des Vorjahres seien 100.000 Tonnen Kabeljau „verschwunden“, hat der DFV nachgerechnet. Das sei „nicht nachzuvollziehen“.
Die Empfehlung des ICES ist nicht bindend. Letztlich legt der EU-Ministerrat im Oktober zumeist deutlich höhere Fangquoten fest. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte am Donnerstag deshalb, die EU müsse bei der Festlegung der Fangbeschränkungen „endlich den wissenschaftlichen Gutachten folgen“ statt willkürliche politische Quoten festzulegen.
Nach Empfehlung der Spezialisten sollten in der Nordsee im kommenden Jahr nur noch rund 28.000 Tonnen Kabeljau gefangen werden. Zuletzt waren fast 53.000 Tonnen erlaubt. Begründet wird die Empfehlung damit, dass die Fische seit Jahren zu wenig Nachwuchs bekommen. In den meisten Gebieten erhole sich der Bestand langsam, aber nicht ausreichend.
Bereits in der Vorwoche hatte ICES ein Fangstopp für Hering in der westlichen Ostsee gefordert. Das aber würden viele Familienbetriebe wirtschaftlich nicht überstehen, kritisierte der DFV. Schon die Fangmenge von 17.300 Tonnen im vorigen Jahr sei sehr gering im Vergleich zu den 70er und 80er-Jahren. Damals hätte allein die DDR-Fangflotte jährlich bis zu „72.000 Tonnen Hering entnommen, ohne den Bestand zu überfischen“, schreibt der DFV, ohne diese These zu belegen.
Dafür zitiert er einen ungenannten Küstenfischer mit den Worten: „Die sozialistische Planwirtschaft hat über Jahrzehnte ein besseres Ergebnis gebracht als die Managementpläne der EU.“
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