War Hamburgs AfD-Parteitag illegal?: Bei der AfD darf jeder mal ran
Der Parteitag vom Juni wird angefochten, weil Nichtstimmberechtigte abgestimmt haben sollen. Parteichef spricht von Büroversagen, hält die Beschlüsse aber für rechtmäßig.
Bei dem Vorgang habe es sich wohl lediglich „um ein Büroversagen“ gehandelt, sagt Dirk Nockemann, von Haus aus Verwaltungsjurist und 2003/2004 für fünf Monate Nachfolger des „gnadenlosen“ Richters Ronald Schill als Innensenator der Schill-Partei. Eine Liste der stimmberechtigten Hamburger AfD-Mitglieder habe beim Parteitag ausgelegen, erläutert er das Geschehen. Der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Joachim Körner habe, das sei unstrittig, die Namen eines Mannes und einer Frau handschriftlich hinzugefügt.
Mindestens einer von ihnen habe dann an mindestens einer Abstimmung auch teilgenommen – rein formalrechtlich führt das zur Ungültigkeit des Vorgangs. Aber offenbar nicht so bei der AfD. Nockemann spielt die Angelegenheit runter: „Das waren doch nur Kleinigkeiten“, beteuert der Landesvorsitzende von Hamburgs AfD. Wirklich interessant sei es doch gar nicht zugegangen auf dem Landesparteitag. Doch es kann sein, dass der Konvent nun wiederholt werden muss.
Die Beschlüsse zur Änderung der Parteisatzung seien „etwa mit Zweidrittel-Mehrheit gefasst worden“, erinnert sich Nockemann, da seien eine oder zwei Stimmen „nicht entscheidungsrelevant“ gewesen: „Die Satzung ist rechtmäßig zustande gekommen.“
Die Abstimmungen über die Wahl von Hamburger Delegierten zum AfD-Europaparteitag sei vorsichtshalber am Sonntag wiederholt worden. Das habe der Landesvorstand am Samstagabend beschlossen, nachdem ihm die handschriftlichen Ergänzungen bekannt geworden seien. Damit sei eigentlich alles wieder in Ordnung, findet Nockemann, „ohne dem Landesschiedsgericht vorgreifen zu wollen“.
Körners Eigenmächtigkeit sei wohl dadurch zu erklären, vermutet Nockemann, dass die Mitgliedschaft der beiden fraglichen Personen von niemandem bezweifelt wurde. „Der Herr“ sei „seit Jahren vom Ansehen bekannt“, bei „der Dame“ habe der Landesvorstand ihren Eintritt befürwortet, nur sei der „möglicherweise noch nicht aktenkundig“ gewesen. Deshalb sei der Vorstand zu dem Schluss gekommen, „die parteiinterne Datenverwaltung zu hinterfragen“, so Nockemann.
Hinterfragen kann die AfD gleich auch noch ihre Öffentlichkeitsarbeit. Der Parteitag Mitte Juni hatte im stillen Kämmerlein stattgefunden, die Medien waren über den Termin nicht informiert worden. Das hatte hinterher unter anderem zu einer harschen Reaktion des Vorstands der Landespressekonferenz (LPK), der Interessenvertretung der Rathausjournalisten geführt, der den Grundsatz „der freien Berichterstattung und der Pressefreiheit“ auch von der AfD einforderte.
Wie aber erst jetzt bekannt wurde, hatte zu Beginn des Parteitags eine Mehrheit der Anwesenden dafür gestimmt, die Medien zuzulassen. Allerdings wartete logischerweise kein Journalist vor der Tür auf Einlass. Nockemann bestätigte diesen Vorgang jetzt gegenüber der taz. Und räumte ein: „Dem einen oder anderen mag das schon schräg vorkommen.“
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