: „Das Leben auf der Straße ist hart“
Die Lampedusa-Gruppe ist so etwas wie eine Familie für mich geworden. Die anderen Männer, mit denen ich mir manchmal das Zelt zum Schlafen teile, nenne ich „Brüder“, die älteren sind „Väter“ für mich. Ich kann ihnen vertrauen.
Wenn wir hier zusammensitzen, reden wir meistens darüber, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen, welches Leben wir gern führen würden. Ich bin ziemlich geschickt mit den Händen und möchte gern etwas Handwerkliches machen, Häuser bauen zum Beispiel. Es tut gut, so etwas auszusprechen und auch die Träume der anderen zu hören. So geben wir uns gegenseitig Kraft.
Ich bin in Ghana geboren und habe mich mit 19 auf den Weg nach Italien gemacht, zu meiner Familie habe ich keinen Kontakt mehr. Ich bin gegangen, weil ich mir einfach eine bessere Perspektive, ein besseres Leben in Europa erhofft habe. Und ich wollte unbedingt nach Deutschland, Ende 2017 bin ich in Hamburg angekommen. Glücklich bin ich nicht mit meiner Situation hier, wie denn auch? Das Leben auf der Straße ist hart. Die Gruppe um mich zu haben, hilft mir zwar, ich bekomme immer etwas zu Essen und einen Platz zum Schlafen. Doch oft vermisse ich auch die Ruhe. Hier ist immer so viel los, hier gehen immer Leute ein und aus, es ist immer laut. Ich vermisse es, einfach mal für mich zu sein.
Den Behörden vertraue ich nicht, und die anderen hier haben mir gleich davon abgeraten, mich zu melden. In Europa gibt es für Menschen wie mich sehr strenge Regeln: „Tu dies, unterschreib das, bleib hier, hau ab, jetzt sofort!“ Ich fühle mich wie ein Spielzeug, das reicht mir. Trotz allem glaube ich aber daran, dass ich nur diese Zeit hier irgendwie überstehen muss. Denn in ein paar Jahren wird es mir besser gehen, dann werde ich arbeiten, neue Freunde haben, vielleicht eine Familie gründen. Nein, ich glaube es nicht nur, ich weiß es einfach. Ganz sicher.
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