Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Jeder kennt ihn als kindlich-kindischen Kaiser Nero. Dass Peter Ustinov auch Filmregie geführt hat, ist hingegen weit weniger Leuten bekannt. Die liebste seiner Regiearbeiten war ihm die Verfilmung von Herman Melvilles metaphysischer Erzählung „Billy Budd“ (1962), in der sich eine exemplarische Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse auf einem Segelkriegsschiff vor dem geschichtlichen Hintergrund der großen britischen Flottenmeuterei gegen Ende des 18. Jahrhunderts zuträgt. Für diese Epoche der Geschichte habe er sich sehr interessiert, erzählte Ustinov, der den Seefahrerfilm vor allem deshalb in Schwarz-Weiß drehte, weil die Grautöne seiner Ansicht nach ein besseres Gefühl für splitterndes Holz, das Meer und den Himmel vermitteln (OF, 27. 6., 20 Uhr, Zeughauskino).
In seinen Spätwerken variierte Yasujiro Ozu immer wieder Geschichten um verwitwete Elternteile, die mit einer erwachsenen Tochter zusammenleben. Die häuslichen Familiengeschichten spiegeln dabei Themen wie die notwendige Abnabelung von den Eltern, die Veränderung der japanischen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg und die damit einhergehende veränderte Stellung der Frau wider. „Banshun“ („Später Frühling“, 1949) ist einer der ersten Filme Ozus, in dem er sich diesen Themen widmet: Ein verwitweter Professor (Chishu Ryu) wird von seiner 27-jährigen Tochter (Setsuko Hara) versorgt, die keine eigene Familie gründet, weil sie den Vater nicht verlassen will. Also täuscht dieser vor, selbst wieder heiraten zu wollen. Ozus vergleichsweise undramatische Erzählweise und seine Art, Räume zu inszenieren, beeinflussten in späteren Jahren viele westliche Filmemacher – darunter auch Jim Jarmusch, dessen Programmkinoklassiker „Stranger Than Paradise“ (1984) das Filmmuseum Potsdam gleich in der anschließenden Vorstellung zeigt (22. 6., 18 Uhr („Später Frühling“, OmU), 20 Uhr („Stranger Than Paradise“, OmU), Filmmuseum Potsdam).
Josef von Sternbergs Blick auf China: eine extravagante Studio-Fantasie, in der sich der Regisseur vor allem als brillanter und dynamischer Arrangeur des Artifiziellen beweist. „Shanghai-Express“ (1932) bringt ein Abenteuer – chinesische Rebellen überfallen eine Reisegesellschaft im Zug von Peking nach Schanghai – mit einer komplizierten Liebesgeschichte zusammen, die jedoch nur den Hintergrund bilden für eine emblematische Hommage an die Schönheit der Hauptdarstellerin Marlene Dietrich. In der Haupt-Nebenrolle zu sehen ist die ebenso schöne Anna May Wong als tatkräftige Rächerin (OmU, 26. 6.,20 Uhr, Kino Arsenal 1).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen