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das portraitKolumbiens Wahlsieger Iván Duque – Marionette seines Mentors?

Foto: Fernando Vergara/dpa/ap

Wenn Iván Duque Anfang August seinen Amtseid als Präsident Kolumbiens ablegt, wird er seinen 42. Geburtstag wenige Tage hinter sich haben. Damit ist er der jüngste Präsident der modernen Geschichte des Landes. Wenn man seiner Mutter Juliana Márquez Tono glauben darf, hat er sich seit seinem siebten Lebensjahr auf diese Aufgabe vorbereitet. Vater Iván war in der Liberalen Partei aktiv und bekleidete mehrere hohe Ämter, darunter Gouverneur von Antioquia, einer sehr eigenwilligen und ökonomisch potenten Provinz. Antioquia ist auch die Heimat von Ex-Präsident Álvaro Uribe, einem langjährigen Freund der Familie.

Vater Duque besaß eine Sammlung von Schallplatten mit Ansprachen prominenter kolumbianischer Politiker. Schon als Kind ahmte Iván die großen Redner nach und eignete sich rhetorische Kniffe an, die ihn heute auszeichnen. Seine Mutter wundert sich nicht, dass die politischen Gegner sich auf Duques Jugend einschossen: „Denn sonst gibt es nichts Negatives über ihn zu sagen.“ Auch als Jugendlicher schlug er nie über die Stränge. Er studierte Jura an einer katholischen Privatuniversität und heiratete seine Jugendliebe María Juliana Ruiz, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hat. Seine liebste Freizeitbeschäftigung: Im Kreise der Familie zu Hause Filme schauen.

Duque hatte erstmals für Uribe gearbeitet, als dieser Teil einer Kommission war, die im Auftrag der UNO die Attacke der israelischen Streitkräfte auf die Gaza-Hilfsflotte untersuchte. Uribe soll damals vom wachen Geist seines Assistenten beeindruckt gewesen sein. Jahre später holte er ihn aus Washington, wo er bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank die Abteilung für Kultur, Kreativität und Solidarität leitete. Diesen Posten hatte ihm Juan Manuel Santos verschafft, früher Vizepräsident, jetzt Intimfeind von Uribe.

Dass Uribe seinen Protegé 2014 auf einen Listenplatz für den Senat setzte, machte diesen in der Rechtspartei Centro Democrático nicht gerade beliebt. Dass er dann als Uribes Mann ins Präsidentschaftsrennen geschickt wurde, machte ihn parteiintern nicht populärer. Fer­nando Londoño, eine graue Eminenz der Konservativen, qualifizierte ihn als politisch unzuverlässiges „neunmalkluges Bürschchen“ ab, das mit der Partei von Santos liebäugle.

Mutter Juliana glaubt nicht, dass er als Marionette von Uribe agieren werde: „Er ist ein großer Ratgeber, der für Iván eine wunderbare Stütze war. Aber ich glaube, er weiß sehr wohl, dass Iván Neues schaffen wird, das das Land verlangt.“ Dass er im Wahlkampf die Rolle des Scharfmachers abgelegt hat, ist wohl auch dem Bemühen um die Stimmen des politischen Zentrums zuzuschreiben.

In Wahrheit weiß niemand, ob Duque sich als Vollstrecker für die rachsüchtige Politik seines Mentors vereinnahmen lässt oder umzusetzen versucht, was er am Abend seines Wahltriumphes versprochen hat: das gespaltene Land zu versöhnen und Hass und Rache eine Absage zu erteilen. Ralf Leonhard

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