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Drei, die nicht müde werden

Der äthiopische Keyboard- und Akkordeon-Altmeister Hailu Mergia, schon jenseits der 70, spielte mit Band im Arkaoda

Von Jens Uthoff

Der beste Platz, den man gegen Ende dieses Konzertabends ergattern kann, befindet sich vor einem Ventilator in der Nähe des Mischpults: 85 Watt, ordentlich Puste. Während Hailu ­Mergia und seine Band auch nach knapp zwei Stunden nicht müde werden, mit allergrößter Lässigkeit ihre Jazz-Funk-Fusion zum Besten zu geben, bewegen sich immer mehr Leute unauffällig in diese Richtung, um dem warmen Dunst im Raum zu entfliehen und das verschwitze Hemd zu trocknen.

Dass der äthiopische Keyboard- und Akkordeon-Altmeis­ter Hailu Mergia, inzwischen auch schon jenseits der 70, über ein großes Durchhaltevermögen verfügt, ist bekannt. Er trat in seinem Heimatland in den Siebzigern mit der Walias Band hervor, die ganze Nächte hindurch im Hilton Hotel in Addis Abeba spielte. 12-Stunden-Schichten an den Tasten waren keine Seltenheit.

An diesem Donnerstagabend im Neuköllner Arkaoda belässt es das Trio um Mergia angesichts eines nach Luft schnappenden Publikums bei einem Zweistundenset, das zwischen loungigem Bar-Jazz, Funk, Reggae und ein bisschen Disco changiert. Das Arkaoda, das erst im Januar eröffnet hat und in dem seither ein gutes Konzert nach dem anderen stattfindet, ist mit rund 200 Besuchern gut gefüllt. Der Anlass des raren Deutschlandkonzerts des in Washington, D. C. lebenden Äthiopiers ist ein noch rareres Ereignis: Mergia hat gerade sein seit 15 Jahren erstes neues Album, „Lalu Belu“, veröffentlicht.

Mergia und seine Mitmusiker – Alem Kebede am Bass und Ken Joseph am Schlagzeug – beginnen slow, man wähnt sich anfangs fast an der Hotelbar in Addis Abeba, als die Band sich mit abgehangenen Beats und reduziertem Bass warmspielt. Mergia, der in weißem Hemd und mit Schal in den äthiopischen Farben die Bühne betreten hat, beginnt an den Keyboards; als er kurz darauf ans Akkordeon wechselt, kommt etwas mehr Schwung in die Sache. Die Stücke sind fast ausschließlich instrumental, ab und an hauchen die Herren mal ein „Oh“ und „Eh“ ins Mikrofon.

Fantastische Musiker hat Mergia um sich. Seinem äthiopischen Bandkollegen Kebede dabei zuzusehen, wie er den fünfsaitigen Bass bedient, macht Spaß; einen technisch so sauberen und derart lässig über das Griffbrett gleitenden Bassisten sieht man nicht alle Tage. Eine Klasse für sich ist auch Ken Joseph, in England aufgewachsener Sohn einer trinidadischen Familie, am Schlagzeug. Nach dem Auftritt setzt er im dunklen Kellerclub erst mal die Sonnenbrille auf.

Der zweite Teil des Sets, als die Band mit „Gum Gum“ und dem Titeltrack „Lalu Belu“ funkige Stücke des neuen Albums spielt, geht etwas mehr in die Beine. Insgesamt kann man durchgehend vor sich hin grooven – allerdings ohne in Ekstase versetzt zu werden. Mergia und Band harmonieren zwar bestens, haben einen guten Flow, aber sie steigern sich nicht in Parts rein, sondern kehren, wenn man eine Klimax erwarten würde, zu einem simplen Grundrhythmus zurück.

Obwohl Mergia am Ende doch einige Male zum weißen Handtuch greift, um die beschlagene Brille und die Stirnglatze zu trocknen, hat man den Eindruck, die drei da oben könnten noch weitermachen. Gegen Ende dankt Hailu Mergia und reckt die Hände in die Höhe. Er signiert noch ein paar Platten und hüpft gut gelaunt von der Bühne.

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