piwik no script img

das portraitRichard Grenell, genau der passende US-Botschafter für Donald Trump

Foto: dpa

Richard Grenell ist so ziemlich das Gegenteil eines Diplomaten. Oder jedenfalls dessen, wie sich die Öffentlichkeit normalerweise einen Diplomaten vorstellt, weil Diplomaten normalerweise in der Öffentlichkeit so diplomatisch reden. Der 51-Jährige, der seit nicht ganz einem Monat als US-Botschafter in Berlin die Regierung Donald Trumps vertritt, hatte schon einen furiosen Start, als er noch nicht einmal richtig angekommen war: Deutsche Firmen sollten sofort ihre Geschäfte mit Iran herunterfahren, verkündete Grenell per Twitter, kurz nachdem sein Präsident den Ausstieg der USA aus dem Atomdeal mit dem Iran verkündet hatte.

Schon das kam nicht gut an im neuen Gastland. Jetzt veröffentlichte das rechte Portal Breitbart Zitate von Grenell. Trumps Wahlsieg in den USA sei auch in Europa von einer schweigenden Mehrheit als Zeichen zum Aufbruch verstanden worden. Er wolle „andere Konservative in Europa, andere Anführer definitiv stärken.“ Es könne nicht mehr angehen, dass eine politische Elite schon vor der Wahl bestimme, wer gewinne. Sein Held sei der österreichische Kanzler Sebastian Kurz, der in einer Koalition mit der rechten FPÖ regiert – für Grenell „ein Rockstar“.

Im Auswärtigen Amt heißt es, man werde Grenell bei dessen Antrittsbesuch diesen Mittwoch befragen, wie die Äußerungen zu verstehen seien. SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich sagte, es sei „definitiv nicht die Aufgabe des Botschafters, sich in die politischen Angelegenheiten des Gastlandes einzumischen“, und SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel twitterte, Europas BürgerInnen „lassen sich von einem Trump-Vasallen nicht sagen, wie sie wählen sollen. Ein US-Botschafter, der sich derart in demokratische Auseinandersetzungen einmischt, ist einfach fehl am Platz.“

Letzteres war Grenell in seiner Karriere schon mehrfach. Der Mann, der sich wie Trump selbst jetzt gern als Anti-Establishment-Kämpfer gibt, gehört seit Jahrzehnten dazu. So unterstützte er im Jahr 2000 die Vorwahlkandidatur John McCains gegen George W. Bush, war dann unter Bush US-Pressesprecher bei den Vereinten Nationen, diente dem US-Botschafter – und heutigen Nationalen Sicherheitsberater – John Bolton, war außenpolitischer Sprecher des Kandidaten Mitt Romney bei dessen erfolgloser Kandidatur gegen die Wiederwahl Barack Obamas 2012. Und musste davon dann zurücktreten – weil die christlich-konservative Basis nicht ertragen konnte, dass Grenell offen schwul und Verfechter der Homoehe ist.

In der Menge seiner Tweets steht Grenell, obwohl besser ausgebildet und auf außenpolitischem Gebiet anders als sein Präsident durchaus bewandert, Trump in nichts nach – obwohl er sich zumindest die Vulgarität früherer Zeiten abgewöhnt hat, als er etwa über das Körpergewicht politischer Gegner twitterte. Grenell tweetet und retweetet viel, und wie sein Chef scheint er darüber auch Politik machen zu wollen. Insofern: Ja, er ist wirklich der richtige Botschafter für diesen US-Präsidenten. Bernd Pickert

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen