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Neuer Orient am Rhein

Die Rheinland AG schwenkt um. Statt jüdisches Leben in der Region soll nun der Islam in seiner gesamten politischen, religiösen und kulturellen Vielfalt gezeigt werden

Die Zeit der Dürre ist im Rheinland vorbei. Die „Rheinland-AG“, das vor knapp zehn Jahren gegründete Kulturbündnis der Städte Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg, hat ihr bislang größtes Projekt vollendet – und nach den Vakanzen verschiedener Kulturdezernate wieder an Dynamik gewonnen. Am 16. September wird in der Landeshauptstadt das Kunstprojekt „Der neue Orient“ eröffnet. Der bietet innerhalb von drei Monaten rund 190 Veranstaltungen aus den Bereichen Literatur, Theater und Tanz, Film, Bildende Kunst und Musik aus den arabischen Staaten, dem Iran und der Türkei.

Auslöser für die Idee waren die New Yorker Flugzeug-Attentate am 11. September. Damals arbeitete die „Rheinland AG“ an dem Projekt: Jüdisches Leben in der Region. Doch seitdem wird „Der neue Orient“ vorbereitet. „Die Attentate der letzten Monate sind Anlass genug, sich mit der Kunst dieser Länder zu beschäftigten“, sagte der Kölner Kulturdezernent Georg Quander bei der Vorstellung der Veranstaltungsreihe in Bonn. Ziel sei der Austausch zwischen Orient und Okzident. Der Islam soll in seiner gesamten politischen, religiösen und kulturellen Vielfalt gezeigt werden.

Knapp 400.000 Euro soll das Kulturereignis kosten. Die vier Städte tragen jeweils 50.000 Euro, das Land zahlt 100.000 Euro, die Kunststiftung NRW 75.000 Euro. Der Schwerpunkt Tanz und Theater liegt in den Städten Köln und Düsseldorf, die Domstadt ist außerdem für die Literaturveranstaltungen verantwortlich. In Bonn werden mehrfach Vorträge und Diskussionen stattfinden. „Unsere Hoffnung ist, nicht nur einmal geballt viel Wissen zu verbreiten“, sagte der Bonner Kulturdezernent Ludwig Krapf. Man wolle darüber hinaus das Wissen fruchtbar machen für weitere Kulturprojekte.

Trotz der vielen Theorie ist einer der Höhepunkte im Bonner Kunstmuseum die Ausstellung „Sprachen der Wüste“, in der rund 20 bildende Künstler aus den Golfstaaten den jähen Einbruch der Moderne verarbeiten. In allen beteiligten Städten liest der syrische Schriftsteller Adonis. Er gilt als einer der führenden Dichter der arabischen Gegenwarts-Literatur und als Kandidat für den Nobelpreis. Aber auch Künstler und Jugendliche muslimischer Herkunft aus dem Rheinland sind dabei.

In Düsseldorf bringen Frauen Zelte zum Tanzen. Die deutsch-iranische Koproduktion „Letters from Tentland“ der Berliner Choreografin Helena Waldmann – damit wurde Anfang des Jahres das internationale Fadjr Festival in Teheran eröffnet – wird im tanzhaus nrw zu sehen sein.

ISABEL FANNRICH

www.der-neue-orient.de

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