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Christoph Raffelt MundwerkEs wird Zeit, den deutschen Sekt zur Kenntnis zu nehmen

Foto: Cordula Kropke

Es tut sich was beim deutschen Sekt. Und es wurde auch dringend Zeit, denn der deutsche Sekt hat einen ziemlich ramponierten Ruf. Das liegt natürlich vor allem daran, dass fast alles, was in Deutschland mit Bläschen abgefüllt wird, Sekt genannt werden darf. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Trauben dafür aus Spanien kommen und die Bläschen aus der Gasflasche.

Das dürfte in erster Linie der Grund dafür sein, dass es in Deutschland in den letzten 20 Jahren nur sehr, sehr wenige wirklich gute Sekt-Macher gab. Und das, obwohl in keinem anderen Land so viel Schaumwein getrunken wird wie hier.

Volker Raumland aus Rheinhessen ist ein solcher, der auch seit langer Zeit die Spitze bildet. Doch vor wenigen Jahren hat es ein renommiertes Weingut aus der Pfalz tatsächlich geschafft, dem bekannten Champagner-Haus Bollinger den Kellermeister abzuwerben. Seitdem verantwortet also der Elsässer Mathieu Kauffmann einen geradezu revolutionären Sektstil beim Weingut Reichsgraf von Buhl in Deidesheim, dessen Sekte manch einer schon als deutschen Champagner bezeichnet hat – nicht ohne Grund.

Was mich aber vor allem beeindruckt, ist die Riege junger Weinmacher, denen das Mousseux schon im Blut zu wirbeln scheint. Kürzlich hat Vincent Eymann vom Demeter-Weingut Eymann in der Pfalz sein bisheriges Meisterstück abgeliefert. Der „2011 Brut Nature“ ist ein druckvolles und zugleich elegantes Kunstwerk, das man unbedingt kennenlernen sollte, wenn man Schaumwein liebt.

Ebenso begeistert bin ich von dem, was Simon und Gabriel Scheuermann auf ihrem ebenfalls in der Pfalz gelegenen Demeter-Weingut produzieren. Und nicht vergessen werden sollten Sekte wie der „2014er Pinot Prestige Brut Nature“ aus dem Sekthaus Griesel. Dort, an der hessischen Bergstraße, hat sich Niko Brandtner schon mit dem ersten Jahrgang und einer großen Bandbreite einen exzellenten Ruf erworben und baut diesen mit den weiteren Jahrgängen aus, während Sabrina Schach als Kellermeisterin gerade den angestaubten Ruf des Rheingauer Sekthauses Solter poliert. Schließlich gibt es mit Burkhardt-Schür eine fränkische Neugründung, die ebenfalls mit hervorragender Qualität auf sich aufmerksam macht.

Wozu aber das ganze Namedropping? Allein die Aufzählung der Namen zeigt, dass es sich nicht um die Zusammenrottung einiger Eintagsfliegen handelt. Was in diesen Wein- und Sektgütern passiert, ist ein Wandel von genügsamen und oft auch etwas zuckrig schmeckenden Sekten der Vergangenheit hin zu feinen, eleganten, oft knochentrockenen, frischen und druckvollen Sekten, die plötzlich international Aufsehen erregen. Es ist Zeit, dass dies auch hierzulande wahrgenommen wird.

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