Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Eine junge Frau, die von religiösen Eltern kontrolliert wird und sich langsam ihrer übersinnlichen telekinetischen Fähigkeiten bewusst wird: Eigentlich denkt man bei dieser Geschichte an Brian De Palmas Stephen-King-Verfilmung „Carrie“ (1976) und eimerweise Kunstblut. Dass es auch anders geht, beweist der norwegische Regisseur Joachim Trier in „Thelma“: Er übersetzt die Horrorstory in kühle Bilder und erzählt von den Schrecken des Unterbewussten, die eine junge Frau aus der Provinz heimsuchen, als diese sich in ihrem neuen Osloer Studentenleben in eine Kommilitonin verliebt. Zusehends treten eine christliche Erziehung und bislang ungeahnte Kräfte in einen Konflikt, der Thelmas Körper in Form von epilepsieähnlichen Anfällen buchstäblich in Aufruhr versetzt. Die Zeichnung der Figuren ist auf eine geschickte Weise äußerst ambivalent: Als Zuschauer steht man klar aufseiten der jungen Frau, die versucht, sich abzunabeln, ein eigenes Leben zu führen und Liebe zu finden. Zugleich aber besitzt sie eine ungeheure Macht, mit der sie durchaus Schreckliches bewirken kann. Die Eltern wiederum kennen Thelmas Fähigkeiten seit ihrer Kindheit und haben Furchtbares erlebt: Religion und dauernde Kontrolle sind eine zumindest nachvollziehbare Reaktion auf diese Geschehnisse. Im Grunde ist also auch „Thelma“ ein Horrorfilm: Nichts ist furchtbarer als die menschliche Psyche und was man ihr antun kann (4. 6., 21.30 Uhr, FLK Pompeji).
Dasselbe Thema aus zwei gänzlich verschiedenen Perspektiven: Während Christopher Nolan mit seinem Kriegsfilm „Dunkirk“ über die Evakuierung alliierter Truppen aus Dünkirchen ein Bild- und Tonbombardement ohnegleichen geschaffen hat, ist Joe Wrights Drama „Die dunkelste Stunde“ ein konzentrierter Film über Wortgefechte und politische Intrigen, die sich gleichzeitig im und hinter den Kulissen des britischen Parlaments abspielen. Hier steht der von Gary Oldman brillant verkörperte Winston Churchill im Mittelpunkt, der nach der gescheiterten Appeasement-Politik ein All-Parteien-Kabinett anführen soll (Die dunkelste Stunde, 31. 5., 21.30 Uhr, FLK Rehberge, 1. 6., 21.30 Uhr, 3. 6., 17 Uhr, 5. 6., 19 Uhr Filmmuseum Potsdam, Dunkirk, 5. 6., 21.30 Uhr, FLK Friedrichshain).
Eine bizarre Mischung aus Sexploitation und selbstbestimmter weiblicher Sexualität bietet der Animationsfilm „Belladonna of Sadness“ (1973) von Eiichi Yamamoto, der die Geschichte einer sich rächenden Hexe in ein psychedelisch-surreales Bilderbuch mit einer überwältigenden Flut von Farben und Formen umsetzt: Pop-Art-Collage meets Aubrey Beardsley (OmU, 31. 5.–2. 6., 20 Uhr, Brotfabrik).
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