Gastkommentar Atomabkommen mit Iran: Es geht zur Not auch ohne die USA
Wenn der Versuch, die USA im Abkommen zu halten, scheitern sollte, wäre das tragisch. Das Ende des Deals muss – und darf – es nicht sein.
M öglicherweise wird man künftig auf den 8. Mai 2018 zurückblicken als den Tag, an dem Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigte und damit eine nukleare Rüstungsspirale im Nahen Osten auslöste, Konflikte befeuerte und dem Regelwerk gegen die Verbreitung von Atomwaffen den entscheidenden Stoß versetzte.
Angesichts der riesigen Gefahren eines nuklearen Nahen Ostens dürfte sich die Sabotage des Atomabkommens als größerer außenpolitischer Fehler entpuppen als der Beginn des Irakkriegs unter Präsident George W. Bush. Denn sollte der Iran nach dem Ende des Abkommens tatsächlich den Weg zur Atombombe beschreiten, dürften Saudi-Arabien und vermutlich auch die Türkei und Ägypten diesem Vorbild folgen.
Die Entscheidung, ob es dazu kommen wird, ist wesentlich von innenpolitischen Erwägungen in den USA getrieben. Dennoch können wir Europäer einen Beitrag leisten. Zuerst muss es natürlich darum gehen, die USA im Abkommen zu halten.
Europa muss deutlich machen, dass es den sichersten Weg darstellt, das iranische Atomprogramm auf friedliche Zwecke zu beschränken. Es ist Grundlage für die Glaubwürdigkeit einer transatlantisch getragenen, internationalen Koalition auch angesichts anderer nuklearer Bedrohungen wie etwa durch Nordkorea.
ist der führende Außen- und Sicherheitspolitiker der Grünen im Deutschen Bundestag. Der 42-Jährige ist in Teheran geboren und in Frankfurt aufgewachsen.
Sollten diese Versuche bei Trump scheitern, gilt es, den Deal auf anderem Weg zu schützen: in der Zusammenarbeit Europas mit China und Russland, den anderen Unterzeichnerstaaten.
Sie müssen den Iranern signalisieren, dass sie bereit sind, die Auswirkungen amerikanischer Sanktionen, so gut es geht, abzufedern und keine eigenen einzuführen, wenn der Iran sich an die strengen Regeln des Abkommens hält. Dieses Bündnis, das man wohl eher Zwangsehe nennen muss, hätte zumindest eine Chance, die Nuklearspirale so lange anzuhalten, bis im Weißen Haus wieder außenpolitische Vernunft einkehrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?