Identitären-Kader als AfD-Mitarbeiter: Das rechtsextreme Regionalbüro

AfD-Bundestagsabgeordneter Frank Magnitz beschäftigt offenbar ein Mitglied der Identitären. Dem war die AfD einfach nicht radikal genug.

Viele Menschen, über ihnen wehen Fahnen der Idenititären

Anhänger des völkischen Netzwerks Identitäre Bewegung bei einer Demo in Berlin im Juni 2017 Foto: dpa

Bremen taz | Offenbar baut ein Aktivist der „Identitären Bewegung“ (IB) für den Bremer AfD-Bundestagsabgeordneten und -Landessprecher Frank Magnitz ein Regionalbüro auf: Pünktlich gegen 9 Uhr morgens betritt Jonas Schick regelmäßig die Räumlichkeiten. Dabei hat Magnitz eine politische Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen immer abgestritten.

„Natürlich“ solle ein Bürgerbüro eröffnet werden, sagt Magnitz gegenüber der taz. Bürgerstunden und Veranstaltungen sollen dort „selbstverständlich“ stattfinden, sagt er auch noch. Über Personalia will der 65-Jährige aber nicht sprechen: „Personalplanung des Abgeordneten geht die taz so wenig an wie die Planung der taz den Abgeordneten“.

Gegenüber Radio Bremen wird Magnitz ein klein bisschen deutlicher: Für den Aufbau des Büros habe er zwei Teilzeitkräfte eingestellt, sagte er dort. „Und wenn Herr Schick da arbeiten würde, würde er das als Herr Schick tun und nicht als Identitärer. Der liefert dort seine Arbeit.“ Für einen Job bei der AfD sei einzig die berufliche Qualifikation wichtig. „Mehr nicht.“

Zugespieltes Videomaterial belegt das regelmäßige Einkehren von Schick zu Bürozeiten in dem Haus im Bremer Stadtteil Walle. Seit mehren Wochen kommt er von Montags bis Donnerstags jeden Morgen dorthin, auch gemeinsam mit Robert Teske, Landesvorsitzender der „Jungen Alternative“ (JA), des AfD-Jugendverbandes. Der scheut die Nähe zur IB ohnehin nicht. Bei einem Wahlauftritt der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Bremen im August 2017 verteilten IB und JA gemeinsam Flugblätter gegen die Asylpolitik der „Merkel-CDU“. In Berlin besuchte Teske zuvor einen Marsch der IB am 17. Juni 2017 – angeblich ganz „privat“.

Im selben Jahr antwortete der Bremer Senat auf eine Anfrage der Linken: „Im Rahmen der Beobachtung des Phänomenbereichs Rechtsextremismus erlangte das LfV (Landesamt für Verfassungsschutz) zudem Kenntnis über Kontakte von Aktivisten der rechtsextremistischen Gruppierung IB zu Mitgliedern der Landesverbände von AfD und JA“.

Desillusioniert von der Parteiarbeit in der AfD

Das Netzwerk: Seit Oktober 2017 ist die AfD im Bundestag vertreten. Jedem ihrer Abgeordneten stehen pro Monat mehr als 20.000 Euro für Mitarbeiter zu, dazu kommen kommen Mittel für die 150 Personalstellen der Fraktion. Ein rechtes Netzwerk erhält Zugang zu enormen Ressourcen und sensiblen Informationen. Die Fraktion wird zum Scharnier zwischen extremer Rechter und der bürgerlichen Mitte.

Die Kooperation: Die taz, die Zeitschrift Der Rechte Rand und das antifaschistische Archiv apabiz haben seit Dezember die Hintergründe der MitarbeiterInnen und Abgeordneten recherchiert. Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln der Otto-Brenner-Stiftung.

Seit 2012 besteht in Bremen eine IB-Gruppe. Schon bei der Gründung waren Rechtsextreme führend aktiv. Seit 2016 ist die Gruppe stabiler und aktiver. Von der JA und AfD war Schick zur IB gekommen. Auf der Webseite der IB stellte das bundesweite Netzwerk Schick mit Bild vor: „28 Jahre aus Bremerhaven, Politologe und Student der Soziologie, aktiv in der Regionalgruppe Niedersachsen“. Auf Facebook erklärte Schick am 4. August 2017, Anfang des Jahres „aus der AfD ausgetreten“ zu sein, „weil ich von der Parteiarbeit desillusioniert war und über den Zeitraum meiner einjährigen Mitgliedschaft erkannt habe, dass Parteien und ihre politische Trägheit nichts für mich sind.“ Nun hat er offensichtlich seine Ansicht geändert und begibt sich in die Parteiarbeit für einen AfD-Abgeordneten.

Die Nähe zur IB pflegt umgekehrt auch Magnitz schon länger. Bei der Aktion gegen Merkel war er mit auf dem Marktplatz dabei. 2017 erklärte er noch, dass es zwar „persönliche Bekanntschaften“ zur IB gebe, doch von einer Zusammenarbeit könne keine Rede sein. Es bestehe schließlich ein Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD mit den IB-Aktivisten.

Wie weit rechts sich Magnitz bewegt, offenbart ein Interview in der April-Ausgabe von „Zuerst – Deutsches Nachrichtenmagazin“: Dort bewertet er den Koalitionsvertrag der Bundesregierung als „Katastrophe für Deutschland“. Das Magazin, das seit 2009 erscheint, bewerten Politologen schon lange als rechtsextrem.

Vor seiner politischen Karriere war Magnitz erfolgreich als Berater in der Baustoffindustrie und im Immobilienbereich tätig. Das Haus in Bremen, in dem sein zukünftiges Büro entsteht, gehört ihm.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.