: Ein Herz für Jesiden
Verdacht auf Korruption beim Bremer Bamf
Von Karolina Meyer-Schilf
Ein Rechercheverbund aus Journalisten von NDR, Radio Bremen und Süddeutscher Zeitung hat am Freitag einen Korruptionsverdacht in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aufgedeckt. Deren ehemalige Leiterin soll in rund 1.200 Fällen positive Asylbescheide ausgestellt haben, obwohl sie nicht zuständig war und die Rechtsgrundlage fehlte. Asylbewerber sollen extra mit Bussen nach Bremen gebracht worden sein. Nur in rund 100 Fällen sei das Bremer Bamf tatsächlich zuständig gewesen, bei den restlichen Fällen lag die Zuständigkeit in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
Aufgefallen waren die Unregelmäßigkeiten in Niedersachsen: Die nun Beschuldigte hatte den Abschiebebescheid eines niedersächsischen Gerichts nachträglich korrigiert – wofür sie ganz offensichtlich nicht zuständig war. Nachforschungen ergaben schließlich rund 1.200 solcher Fälle. Ermittelt wird nicht nur gegen die inzwischen suspendierte Leiterin, sondern auch gegen drei Rechtsanwälte aus Bremen, Oldenburg und Hildesheim sowie gegen einen Dolmetscher.
Worin genau die Korruption, also Bestechlichkeit, bestanden haben soll, ist jedoch noch unklar: Die Rede ist bislang von Einladungen in Restaurants, von denen die Regierungsdirektorin profitiert haben soll. Die Fälle datieren in die Jahre 2013 bis 2016. Die damalige Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle, Ulrike B., teilt zumindest auf Twitter offensiv die Positionen von Pro Asyl und macht auf die prekäre Lage verfolgter Jesiden aufmerksam. Bei den ihr nun zur Last gelegten mutmaßlich rechtswidrigen Asylbewilligungen handelte es sich ebenfalls größtenteils um die von Jesiden. Vieles deutet also darauf hin, dass hier nicht die Aussicht auf schöne Restaurantbesuche den Ausschlag gab, sondern persönliches Engagement für die in ihren Heimatländern verfolgten Jesiden. Ein Engagement freilich, das, sollte es schon länger bestanden haben, auch Vorgesetzten innerhalb des Bamf hätte auffallen können und das zumindest die nach außen hin geforderte Neutralität von Beamten vermissen lässt.
Die Bremer CDU beschuldigt unterdessen Innensenator Ulrich Mäurer (SPD): Auch wenn es sich bei der Beschuldigten um eine Mitarbeiterin einer Bundesbehörde handele, sei die rot-grüne Bremer Landesregierung mit in der Verantwortung, sagte der innenpolitische Sprecher Wilhelm Hinners.
Der innenpolitische Sprecher der Bremer Grünen, Björn Fecker, wiederum hat den wahren Schuldigen im Bundesinnenministerium ausgemacht: „Die Ermittlungen zeigen, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer seine Behörde offenbar nicht im Griff hat.“ Der ist aber erst seit fünf Wochen im Amt und kann diesmal nun wirklich gar nichts dafür.
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