CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI: Schnitzelprinz Hanswurst
Der Schnitzelkönig von Berlin ist tot, gefunden wurde seine Leiche gut gekühlt im Lagerraum zwischen den Schweinehälften. Denn Schnitzel werden in diesem „Tatort“ aus den Prekariatszonen der Hauptstadt natürlich nicht aus jungen, glücklichen Kühen, sondern aus einmal durch Europa gekarrten Borstentieren gewonnen. Aber was willste machen: Drei Schnitzel für unter Einsfuffzig, da kannste nicht meckern, das ist konkurrenzlos.
Dabei soll der Schnitzelkönig Hans Merklinger gar nicht so ein Billigheimer gewesen sein. Klar, er war auch in den ein oder anderen Lebensmittelskandal verwickelt; ein paar Monate lang machte sogar das üble Wort vom Gammelfleisch die Runde. Aber seine Leute hat er immer tipptopp bezahlt, zumindest wenn man mit den branchenüblichen Niedrigstlöhnen vergleicht. Vierfuffzig die Stunde haben seine Bulgaren bekommen – die ihnen dann zum Großteil allerdings gleich wieder für Kost und Logis abgeknüpft worden sind.
Trotzdem: Jetzt, wo der Alte tot ist, soll noch mal ordentlich an der Lohnschraube gedreht werden. Der ungeliebte Junior Maximilian (Lucas Gregorowicz) lässt sich von osteuropäischen Geschäftspartnern beraten: „Für 4,50 wir können besorgen zwei Schlachter aus Ukraine.“
Subventionsbetrug, Leiharbeiterelend, EU-Tricksereien –Ritter (Dominic Raacke) und Stark (Boris Aljinovic) steigen in „Schweinegeld“ (Regie: Bodo Fürneisen) tief in die globalisierte Fleischindustrie ein. Die Autoren Christoph Silber und Thorsten Wettcke, die zuvor den neuen Hamburger „Tatort“ entwickelt hatten, ließen sich unter anderem von Adrian Peters Sachbuch „Fleischmafia“ inspirieren, fuhren die Geschichte dann aber wieder aufs Berliner Mittelstandsmilieu herunter, in dem sich wie in anderen Wirtschaftsbereichen ein Generationswechsel vollzieht: Wo früher väterlich der Schnitzelkönig herrschte, bestimmt jetzt ein Hanswurst in Nadelstreifen.
■ Berlin-„Tatort“: „Schweinegeld“, So., 20.15 Uhr, ARD
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