: Ausweg Aliya
Flucht vor Antisemitismus: Französische Juden sind seit Jahren die bedeutendste und beliebteste Einwanderergruppe in Israel
Aus Berlin Silke Mertins
„Kommst du aus Zionismus oder aus Deutschland?“, hieß es zu der Zeit, als Juden massenhaft aus Nazi-Deutschland fliehen mussten. Auch jede Welle von Pogromen und Antisemitismus in Russland hat Einwanderungswellen in das britische Mandatsgebiet Palästina und spätere Israel ausgelöst. Heute ergeht es der jüdischen Minderheit in Frankreich so: Sie sieht sich derart bedrängt, dass sie die Aliya – den Aufstieg nach Zion, also Jerusalem – als letzten Ausweg sieht. Französische Juden sind bereits seit Jahren die bedeutendste Einwanderungsgruppe in Israel. Seit 2013 immigrierten nach Angaben der Jewish Agency 27.000 „Olim“ aus Frankreich in den jüdischen Staat. In Jerusalem, aber auch anderen urbanen Zentren des Landes ist inzwischen überall Französisch zu hören.
Israel versteht sich als Zufluchtsort für Juden aus aller Welt. Wer jüdische Eltern oder Großeltern nachweisen kann, wird – ähnlich wie AussiedlerInnen seinerzeit in Deutschland – umstandslos mit allen Rechten und Pflichten eingebürgert. Frankreich hat eine der größten jüdischen Bevölkerungen Europas. Viele stammen ursprünglich aus Nordafrika, vor allem Algerien und Tunesien. Meist ging nach der Unabhängigkeit dieser Länder ein Teil der Familie nach Israel, ein anderer nach Frankreich, sodass viele französische Juden bereits Familie im Heiligen Land haben.
Die „Olim“ aus Frankreich werden in Israel auch deshalb mit offenen Armen aufgenommen, weil viele gut ausgebildet und nicht völlig mittellos ins Land kommen. Ein Teil der Migranten kommt auch als Investoren oder als Geschäftsleute. Eine nicht unerheblich große Gruppe ist außerdem durchaus religiös oder zumindest traditionell – ein Punkt, der sie beispielsweise von den russischen „Olim“ unterscheidet, die in der Sowjetunion ihre Religion so gut wie gar nicht ausüben durften und ohne jedes Verständnis für das Judentum ins Land kamen.
Auch die französische Wirtschaftskrise hat, gepaart mit dem dramatisch zunehmendem Antisemitismus, die Einwanderungszahlen ansteigen lassen – insbesondere 2015, als auch die Terroranschläge auf Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt stattfanden. Der zunehmende Antisemitismus in Frankreich, ob im Alltag oder bei gewalttätigen Anschlägen, ist ständiges Thema in den israelischen Medien. Migrationsforscher in Israel glauben, dass die Zahl der „Olim“ aus Frankreich bis 2030 auf eine Viertelmillion ansteigen könnte.
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