piwik no script img

St.Pauli-Fans vermissen NeutralitätFan-Polizist klatscht Rechten ab

Ein Polizist, der St.-Pauli-Fans beobachtet, gibt mutmaßlichem Neonazi die Hand. St. Pauli will Antworten, die Polizei sagt, das sei so üblich.

Umstrittener Handschlag: Polizist Peter G. und Martin Fitsch Foto: Recherche-Team

Hamburg taz | Die Fanclubs des FC St. Pauli haben einen offenen Brief verfasst. Ihr Sprecherrat wendet sich an die Hamburger Polizei. Die Fanclubs beklagen, dass ein „szenekundiger Beamter“ Kontakt zu einem aus ihrer Sicht rechtsextremen Demonstrations-Teilnehmer hatte. Er war dabei im Dienst.

Szenekundige Beamte sind Polizisten, die Fans von Fußballvereinen, besonders die sogenannten Ultra-Fans, an Spieltagen beobachten. Bei St. Pauli gibt es zwei Beamte, die immer mit dabei sind.

Es geht um ein Foto, das das Antifa-Internetportal Exif – Recherche und Analyse veröffentlicht hat. Auf diesem ist der Polizist Peter G. zu sehen, wie er mit Martin Fitsch abklatscht – laut Exif ein stadtbekannter Neonazi. Die Szene ereignete sich nach einer Anti-Merkel-Demonstration am 26. Februar auf dem Gänsemarkt.

Seit mehreren Wochen demonstrieren Menschen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Innenstadt, am Gänsemarkt und Dammtor. Unter den 300 bis 400 Demonstranten sind dem Verfassungsschutz zufolge Menschen aus dem bürgerlichen Lager bis hin zu Personen aus der rechtsextremistischen Szene. Die Zahl der Gegendemonstranten lag laut Polizei bei bis zu 1.000.

„Wir fragen, warum ein Beamter sich so vertraut gibt. Wir fragen, wie er im Umfeld des FC St. Pauli arbeiten kann, wenn er hier nicht distanziert agiert“, schreibt der Fanclubsprecherrat in dem Brief. In den sozialen Netzwerken werde „dies verbreitet und sorgt für eine unglaubliche Unsicherheit“. Und zwar deshalb, weil die Fans Peter G. jedes Wochenende im Stadion sehen.

Polizei findet Handschlag normal

Das Verhalten sei der Zusammenarbeit mit dem Verein und seiner Fanszene alles andere als zuträglich, schreibt der Sprecherrat. Die St.-Pauli-Fans kämpfen traditionell gegen Rassismus und rechtsextreme Hetze – und Polizisten sind vielen ein Dorn im Auge.

Christoph Pieper, Pressesprecher des FC St. Pauli, sagt: „Das ist ein legitimes Ansinnen. Ich habe das Foto auch gesehen und kenne den Beamten. Der Fanclubsprecherrat hat Verantwortung für alle Fans.“ Der Verein ist im Gespräch mit der Polizei, um den Vorfall aufzuklären.

Die bestätigte, dass G. an besagtem Abend „dienstlich“ bei der Demo eingesetzt war. Er sollte klären, ob Hooligans dabei waren. Er habe das Gespräch mit einem ihm bekannten HSV-Fan gesucht. „Eine Begrüßung oder Verabschiedung mit Handschlag entspricht dabei üblichen Umgangsformen“, sagt die Polizei. Darin eine Verletzung der Neutralitätspflicht zu erkennen, entspreche „nicht den Tatsachen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • ...komisch, ich kann mich an keine linke und alternative Demo in Hamburg in den 80er Jahren erinnern, an denen es so kumpelhaft zwischen einem Polizisten und uns zuging. Der Körperkontakt fand ind er Regel eher mit dem Schlagstock statt....

  • Unglaublich, auch wie die Polizei HH damit umgeht.

    Da fehlt dem Beamten wohl die nötige Distanz.

  • Dass sich da zwei lieb haben, verwundert kaum; Wir hätten sonst auch deutlich weniger menschenverachtende, feige Morde und Brandanschläge im Land.